Die FDP wollte, dass alles so bleibt wie es ist und hat Stimmen bei denen geholt, die sich aufgrund eines gefühlten und medial erarbeiteten Linksrucks von Spd und Cdu fürchten, sie müssten vielleicht demnächst ein bissjen mehr Steuern zahlen. Dass sie in Umfragen vor ein paar Wochen schon bei 17% stand und jetzt 11% als großen Sieg feiert, hat noch niemand so richtig bemerkt. Lambsdorff bezeichnet die Kritik an Silva-nie-da als Schlammschlacht (langer Text, das steht so irgendwo in der Mitte). Aber da auch das (leider) niemand so richtig mitbekommen hat, durfte Koch-Mehrin gestern ihr Zahnpasta-Lächeln auspacken und für weitere 5 Jahre Lobbyarbeit und Babysitten ins Europaparlament ziehen.
Die Grünen hatten Wums. Da wusste zwar keiner so richtig, was es heißt, aber sie haben sich zurecht auf hohem Niveau gehalten. (Zurecht deswegen, weil das Programm, wenn man es denn mal gefunden hatte, wirklich gut ist)
Die Cdu stand für... na was eigentlich? Da hat man mal was von neuer Finanzordnung für Europa gehört und im gleichen Atemzug wurde Friedrich "Mehr Kapitalismus wagen" Merz als EU-Kommisar vorgeschlagen. Dadrüber wollte ich noch etwas Polemisches schreiben, aber nach kurzem Suchen auf seiner Homepage (die verlinke ich hier mal nicht, allein sein Foto ist schon mindestens verfassungswidrig oder sowas) bin ich auf ein Zitat gestoßen, das eigentlich für sich steht und ob seiner Unfassbarkeit unkommentiert zur Wirkung kommen soll:
"Noch so gut gemeinte soziale Regelungen, wie Mindestlohn oder verlängertes Arbeitslosengeld für Ältere, schränken den Markt ein. Und sie schränken gleichzeitig auch den Menschen ein, sein Recht auf Freiheit."Ansonsten hat sich die CDU ganz besonders in ihrem Werben um ein türkeifreies Europa hervorgetan, mit dem wohl im Allgemeinen die erfolgreiche Wahlstrategie vergangener Jahre von Koch und Konsorten aufgegangen ist und die Wähler der rechten Randparteien ihr Kreuz bei der rechten Mittepartei gemacht haben.
In der Lieblosigkeit von Plakaten sind die Unionsparteien aber dann ganz vorne dabei. Die "Wir in Europa"-Plakate bestrafe ich jetzt aufgrund ihrer enormen Aussagekraft mit Nichterwähnung (auch wenn ich es jetzt doch getan habe), aber wirklich toll waren diejenigen Plakate, auf denen dicke Politiker für ein schlankes Europa warben. Danke Bernd Posselt. Und guten Appetit an Brüssels Buffet.
Dann bleibt jetzt nur noch eines. Nämlich über die SPD zu reden. Puh. Natürlich haut jetzt jeder gerne drauf und natürlich nicht zu unrecht. 25-26% hat man erwartet und die wurden deutlich unterschritten. Natürlich ist es erschreckend, wenn in Zeiten einer (hausgemachten) Wirtschaftskrise konservativ und wirtschaftsliberal gewählt wird, also der Bock zum Gärtner gemacht wird (das passt jetzt hier nur so halb, ich finde den Spruch aber toll). Aber wie möchte die SPD glaubwürdig ein Gegenprogramm (das sie jetzt tatsächlich ja [ein bissjen] hat, das muss man mal lobend erwähnen) präsentieren, wenn sie immer noch von Politikern wie Müntefering, Steinmeier und Steinbrück geführt wird, die auch weiterhin für Hartz4, Steuerfreiheit für Hedgefonds und Spitzensteuersatzsenkung stehen?
Schön fand ich in der Hinsicht einen Satz aus der taz:
2004 hat die SPD die Europawahl verloren, weil sie den richtigen Kanzlerkandidaten hatte, der die falsche Politik machte.
Hat sie 2009 vielleicht deshalb verloren, weil sie die richtige Politik macht, aber mit dem falschen Kandidaten?
Wahrscheinlich lag das schlechte Wahlergebnis auch an der laschen Wahlbeteiligung, aber eine Ausrede ist das nicht, schließlich muss eine Partei ihre Wähler an die Urne bringen (nicht in die Urne, hihi) und dort hat die SPD noch mehr als alle anderen Parteien (die CDU hat auch ein absolutes Ergebnis von nur 16% der Stimmen aller Wahlbeteiligten) versagt.
Schade, dass so gar nicht näher darauf eingegangen wird, was die SPD denn besser machen könnte.
AntwortenLöschenSchaut man genau hin und übersteht die Polemik und Lästerei über andere Parteien, so findet der aufmerksame Leser gerade einmal zwei Kritikpunkte (oder sollte man besser "Pünktchen" sagen?):
Die niedrige Wahlbeteiligung und die Führung.
Wie der Autor selbst zugibt, lässt sich eine lasche Wahlbeteiligung kaum als Argument für ein so klägliches Scheitern (dasselbe gilt für die CDU) anführen: Die Partei muss sich fragen lassen, WARUM sie es nicht schafft, ihre Wähler an die Urnen zu bringen.
Bei den anderen Parteien fällt es anscheinend leicht, die Gründe des kollektiven Untergangs zu erklären: Die CDU hat verloren, weil sie keine Türken mag, dafür aber dicke Politiker und den Kapitalismus - und die FDP hat ja gar nicht wirklich dazugewonnen, sondern eigentlich verloren. Ganz einfach ist das.
Die SPD dagegen hat sich auf all diesen Gebieten bewährt - nehmen wir mal die Wahlplakate als Beispiel:
"Finanzheie würden die FDP wählen". Aha. Also wählen wir die mal nicht. Vielleicht die CDU? "Dumpinglöhne würden die CDU wählen". Oh. Nein, Dumpinglöhne wollen wir nicht. Bleibt wohl nur noch links! "Heiße Luft würde die Linke wählen". Verdammt, dann gehe ich wohl nicht zur Wahl.
Vielleicht müsste man sich mal überlegen, ob man das nächste Mal versucht, Wähler von seinem eigenen Programm (soweit vorhanden) zu überzeugen, statt die Wähler anderer Parteien zu vergraulen und dann über zu niedrige Wahlbeteiligung und Parteiverdrossenheit zu jammern. Nur ein Vorschlag.
Und wie genau will die SPD es eigentlich schaffen, nicht mit den Linken zu paktieren, wenn sie gleichzeitig die Liberalen als "Finanzhaie" tituliert? Normaler Wahlkampf? Oder einfach nur peinlich? Wer weiß, vielleicht wird man ja nicht nur stärkste Partei, wie jüngst die Führung der Genossen tönte, sondern gewinnt auch eine absolute Mehrheit! Unrealistisch? Ach was!
Für eine Partei, die Mindestlöhne fordert und gleichzeitig die Abgaben senken will, die mehr Geld für Bildung fordert, aber die Abwrackprämie unterstützt, die Renten sichern und den Weltmarkt regulieren will und das alles ohne Steuererhöhung (!), für eine solche Partei ist nichts unmöglich!
Vielleicht könnte man das auch das nächste Mal auf die Wahlplakate schreiben. Dann hätte man zumindest einmal eine Aussage. Wer weiß, vielleicht kann man mit einem solchen Wahlspruch sogar dem selten dämlichen "Wir in Europa" Slogan ernsthafte Konkurrenz machen - und am Ende genauso viele Stimmen gewinnen wie die CDU.
Ach nein, ich vergaß - das reicht ja nicht!