Dienstag, 30. Juni 2009

Netzsperren. Teil II

Ich habe jetzt endlich den Antwortbrief von Lothar Binding auf meinen Netzsperren-Brief auf dessen Homepage gefunden (ich habe ihn auch persönlich geschickt bekommen, habe aber auf ein Nicht-Pdf-Dokument auf dessen Homepage (vergeblich) gehofft, damit ich besser zitieren kann). Ich weiß noch nicht so genau, was ich davon halten soll, nicht alles ist totaler Blödsinn. Binding beruft sich u.a. auf den "Kompromiss", den der Parteivorstand ausgehandelt hat und auf die scheinbare Entkräftung der Argumente der Gegner der Sperren.
Ärgerlich sind allerdings v.a. andere Äußerungen, in denen Binding seine Zustimmung zu dem Gesetz begründet, obwohl er selbst "viele Bedenken teilt" und ihm "die Zustimmung fachlich sehr schwer" (jeweils S.2) fällt. Seine Begründung lautet schlicht und einfach: Fraktionssolidarität.
Binding schreibt, ohne es weiter zu begründen, dass die Entscheidung über die Netzsperren "keine Gewissensfrage" (S.3) ist. Das finde ich etwas seltsam, da in Art. 38 I GG doch steht, dass die Abgeordneten nur ihrem Gewissen unterworfen sind. Binding stimmt also einem Gesetz zu, dass er mit seinem Gewissen nicht vereinbaren kann und beruft sich darauf, die Zustimmung des Gesetzes sei keine Gewissensfrage.
Weiter schreibt er dann, dass er in der Fraktionsabstimmung zur unterlegenen Minderheit gehört habe (jedenfalls kann man das dem Text entnehmen) und schließt daraus:
"Mit seiner eigenen Mehrheit in einer Abstimmung zu unterliegen, bedeutet daher nach meinem Verständnis, sich später der Mehrheit anzuschließen und deren Entscheidung zu respektieren."(S.4)
Auch das finde ich zumindest komisch, Binding hat also in der Fraktion gegen das Gesetz gestimmt (kann man das irgendwo nachprüfen, er bezieht sich jedenfalls nicht konkret auf die Netzsperren) und stimmt in der Abstimmung im Plenum für das Gesetz, weil er sich der Mehrheit anschließt. Dies begründet er so:
"Andernfalls würde ich mit der Opposition stimmen, also eine Gruppe stärken, deren Vorschläge meistens noch weiter von meinen Vorstellungen entfernt sind als die der Mehrheitsmeinung in der eigenen Fraktion"(S.5)
Ich versuche den Satz zu verstehen: Binding ist gegen das Gesetz, die Mehrheitsmeinung der Fraktion ist für das Gesetz, die Opposition ist gegen das Gesetz. Was liegt also näher, als mit der eigenen Fraktion zu stimmen. Das "nein" der Opposition ist weiter entfernt von Bindings "nein" als das "ja" der SPD-Fraktion. Kann mir das jemand erklären?
So geht es weiter:
"Abgesehen davon ist auch ein Restzweifel über die eigenen Erkenntnisse und Meinungen erlaubt. Es könnte ja auch sein, dass die Mehrheit meiner Fraktion das Richtige denkt und ich das Falsche."(S.5)
Diese Begründung finde ich schwach.
Erstens erwarte ich von meinem Abgeordneten, dass er sich über ein Thema (besonders über ein so wichtiges), über das er abstimmt, insoweit informiert, dass er eine für eine Abstimmung nötige Fachkompetenz mitbringt, die Binding ja vorgibt zu haben (S.1).
Zweitens ist das Argument einfach keines. Wenn ich nach eigener Ansicht gegen ein Gesetz bin, dann stimme ich doch nicht aus dem Grund mit der Mehrheit dafür, dass meine eigene Ansicht eventuell falsch sein könnte. Dann bräuchten wir doch gar keine Abgeordneten mehr...
Alles in allem finde ich die Argumentationsweise sehr, sehr (sehr) wacklig.
Ich muss sagen, dass ich die Handlungsweise in diesem Fall als bedenklich empfinde. Und ja, ich hätte mehr "Selbstbewusstsein"(S.2) erwartet. Wenn ein Abgeordneter fachliche Bedenken hat, warum gibt es von dann ihm keinen Widerstand gegen das Vorhaben? Fraktions"solidarität" hin oder her, es hat in der SPD einige Gegenstimmen gegeben und man kann doch nicht einfach die Basis (und ja auch den Online-Beirat) aufgrund von Fraktionstreue überhören.
Insgesamt bin ich von der SPD-Fraktion doch sehr enttäuscht. Man hat sich vor den Karren von Ursula von der Leyen spannen lassen und läuft jetzt Gefahr, eine ganze Generation zu verlieren, weil man einem Gesetz zugestimmt hat, von dessen Nicht-Wirksamkeit man teilweise selbst überzeugt war.

Nachtrag:
Ganz vergessen habe ich, auf den wunderbaren letzten Satz des Briefes hinzuweisen:
"Außerdem ist auch das web, trotz einmaliger Selbstkontrolle durch die Community und demokratischer Strukturen, kein rechtsfreier Raum."(S.5)
Dazu hatte ich bereits etwas geschrieben und mir ist es unbegreiflich, wie sämtliche Politiker diesen Unsinn immer wieder vor sich herplappern müssen. Eine Blödsinnsaussage wird auch durch unendlichfache Wiederholung immer eine Blödsinnsaussage bleiben.
So möchte ich auf einen sehr guten Telepolis-Artikel hinweisen, "Verglichen mit dem Netz ist das Leben ein rechtsfreier Raum", in dem Beispiele für eine Überreglementierung des Internets gemacht werden und der derzeitige Lieblingssatz der Politiker ad absurdum geführt wird.

Langhaarische.

Und jedem, der (wie ich) beim Foto unten nicht zuerst an J Mascis (den Gitarristen und Sänger von Dinosaur Jr) denkt, sei dieses Kleinod von Video ans Herz gelegt:

Montag, 29. Juni 2009

I Want You To Know.

Ich lese seit etwa 2 Jahren die Visions. Ich bin sogar Abonnent. D.h. ich habe mir ein 3 monatiges Probeabo aufschwätzen lassen und dies dann vergessen zu kündigen. Nach Ablauf des dann erhaltenen Jahresabos habe ich es dann wieder vergessen und eben dieses Ereignis hat sich auch schon wieder gejährt und wiederholt. Monat für Monat lese ich einen Großteil der Artikel und der Rezensionen und höre mir den mitgelieferten Sampler an und kriege jedes mal aufs Neue die Krise ob der musikalischen Ausrichtung. Da hat man letztes Jahr tatsächlich so einen Unsinn wie Deichkind oder die Donots in der "Platten des Jahres"-Rubrik drin und Metallica und die Beatsteaks haben -bei aller Liebe- auch da nichts auf den ersten 10 Plätzen zu suchen.
Naja. Diesen Monat hat man dann tatsächlich die Teenie-Radio-Emo-Punk-Band Billy Talent auf dem Cover und diskutiert (ernsthaft) darüber, ob Enter Shikari jetzt total scheiße oder nur ein bissjen scheiße sind. Also nichts, weswegen man sich jetzt nicht auch die Bravo hätte kaufen können.
Immerhin hat man es jetzt geschafft, den wandelnden Anachronismus Jörg Staude weg zu bekommen, der erst für AC/DC, Linkin Park, Nickelback und den ganze Kram Lobeshymnen schreiben und dann im Soundcheck sämtliche Pop- und Singer/Songwriter-Platten 2 Punkte unterm Schnitt bewerten durfte.
Allerdings würde ich das Ganze nicht schreiben, wenn es auch nicht etwas ganz Tolles zu berichten gäbe. Jede Ausgabe der Visions hat einen Musiksampler auf dem ausgewählte Musikstücke vorgestellt werden sollen. Auf dem Sampler des Monats Juni habe ich dann einen Song des Album des Jahres (bis hierhin) gehört (den Song gibts hier).
Dinosaur Jr gibt es seit 1983 und machten zu einer Zeit Grunge, als noch niemand an Kurt Cobain dachte. Trotzdem hatten sie über all die Jahre ein Nischendasein in der öffentlichen Wahrnehmung inne.
Ich selbst habe Dinosaur Jr bereits vor 2 Jahren beim Highfield Festival live gesehen und war damals begeistert. Danach hab ich mir einige Alben zugelegt und schnell wieder das Interesse verloren.
Zu matschiger Sound, die Songs klingen alle sehr ähnlich und insgesamt ist das halt alles nicht mehr zeitgemäß, klare Sache.
Jetzt bin ich nach guten Kritiken von plattentests.de und auch in der Visions (u.a. durch besagten Song auf dem Sampler) aber doch einmal auf das neue Album aufmerksam gemacht worden.
Mein Urteil von vorher wurde bestätigt: Matschig, eintönig, nicht mehr zeitgemäß und wahnsinnig großartig.
Dinosaur Jr sind der lebende Beweis, dass Reunions von alten Rockbands nicht in jedem Fall völlig unnötig sind. Dabei ist es völlig rätselhaft, dass man bei dieser Produktion (die tatsächlich so etwas wie "Soundmatsch" entstehen lassen hat) noch so tolle Melodien heraushören kann.
Und dann dieser nölige Gesang... die endlosen Gitarrensoli...
Selten hab ich einen ersten Durchgang einer CD so gefeiert wie den heute morgen.Eigentlich wollte ich mich etwas durch meine neuen Platten hören, damit ich pünktlich zum 1. Juli eine Halbjahres-Liste mit fundierten Bewertungen abliefern kann, musste aber nach dem ersten Durchgang das Ding aber einfach nochmal hören. Und nochmal. Jetzt ist der Tag zuende (7 Durchläufe) und ich bin mir ziemlich sicher, dass das Album des Jahres 2009 bereits feststeht.

Freitag, 26. Juni 2009

Christdemokratisch.

Ich habe schon lange nicht mehr geschimpft und muss es jetzt zwangsweise wieder tun, da sich die Anzahl an verachtungswürdigen Äußerungen und Aktionen meiner Lieblingspartei schon wieder gehäuft haben.
Ich hege ein gewisses Unverständnis dafür, dass diese Partei tatsächlich über Jahrzehnte hinweg (mit ganz wenigen Ausnahmen) die stärkste Fraktion im Bundestag stellt (und noch weniger, dass dieses Konstrukt, das sich "christlich-sozial" nennt, in Bayern jahrzehntelang alleine regiert hat).
Zum einen liegt das daran, dass für mich die Elemente "christlich" und "demokratisch" nicht so wahnsinnig viel miteinander zu tun haben und eine politische Diskussion mit religiösen Argumenten nicht selten gesellschaftlich ziemlich schädlich ist (geschehen bei jeder Art von Äußerungen des Papstes bzgl. Kondomen, der Blick nach Amerika bzgl. gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften u.ä.). So war die Trennung von Kirche und Staat wohl eine der größeren Errungenschaften der jüngeren Geschichte und hat den Weg für jede Form von Demokratie erst bereitet.
Natürlich werde ich hier jetzt nicht über die Kirche urteilen, schließlich ist das Element "Glauben" für viele Menschen bereichernd und erfüllend und soziale Engagements der Kirche sind v.a. insofern wichtig, dass sie eine Unterversorgung durch Staatsversagen ausgleichen.
Eine wertende Analyse insgesamt braucht mehr Aufwand, als ich in meinem Blog aufbringen möchte.
Meine Abneigung gegen die CDU hat aber vor allem Gründe, die sich aus abweichendem Menschenbild, Gesellschaftsbild und v.a. Demokratieverständnis ergeben.
Für diese drei Punkte hat es allein gestern jeweils ein wunderbares Beispiel gegeben:

1. Gesellschaftsbild:
Oettinger will Mehrwertsteuer erhöhen (zeit.de)
Insgesamt finde ich die Diskussion um Steuersenkungen in der Union grauenhaft. Man hat derzeit eine Wirtschaftskrise, außerdem gerade eine sogenannte Schuldenbremse durchgeboxt und möchte den Staat gleichzeitig weiter verarmen lassen, indem man die Steuern senkt. Dass diese Steuersenkungen eigentlich nur Besserverdienenden (sogenannten Leistungsträgern) zugute kommen würden (weil Wenigverdiener ohnehin keine oder nur wenig Einkommenssteuer zahlen), wird meistens verschwiegen.
Um da noch einen draufzusetzen möchte Günther Oettinger jetzt also den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7% abschaffen und die ansonsten üblichen 19% erheben.
Bezogen wird dieser Satz v.a. bei Lebensmitteln, beim öffentlichen Personennahverkehr und bei Kulturgütern. Diese Sachen würden demnach teurer werden. D.h. im Einzelnen, dass damit einmal Menschen ganz besonders belastet werden, für die Lebensmittel ohnehin nicht einfach zu finanzieren sind. Dann kommt eine zusätzliche Erschwerung des Zugangs zu kulturellen Gütern dazu. Theater, Konzerte u.ä. sind sowieso schon großteils den Besserverdienenden vorbehalten, diese Entwicklung würde damit verschärft. (Dies ist übrigens einer der Gründe, warum ich die Ansätze der Piratenpartei so toll finde, denn ein unbeschränkter Zugriff auf Musik und Filme für jeden, wäre in meinen Augen etwas Urdemokratisches.)
Und dass eine stärkere Besteuerung von Bus und Bahn ökologisch wie sozialpolitisch totaler Unfug ist, muss ich glaube ich nicht weiter erläutern...
An sich ist Oettingers Gedankengang zumindest nicht so unlogisch wie die Vorstellung der FDP und einiger Unionspolitiker, denn irgendwoher muss schließlich das Geld wieder kommen, wenn man erstmal die Steuern gesenkt hat. Oettingers Forderung ist somit zwar direkter, aber noch nicht einmal verabscheuungswürdiger als das FDP-Gesäusel, was nach der Wahl dann wohl v.a. in einer Kürzung von Sozialleistungen münden würde.

2. Demokratiedefizit:
Internetsperre für Killerspiele gefordert (taz.de)
Der Hauptkritikpunkt für die Internetsperre von Zensursula war und ist, dass eine Ausweitung der Zensur auf andere Themen befürchtet wurde. Von den "Machern" wurde das immer wieder versucht zu entkräftigen, während Politiker von CDU und SPD, allen voran die Herren Wiefelspütz und Strobl, die Unglaubwürdigkeit dieser Versicherungen immer wieder untermauerten. (Vereinzelt wird sogar gefordert, auch Urheberrechtsverletzungen durch Sperren zu verhindern)
Jetzt fordert Thomas Strobl tatsächlich, nur ein paar Tage nach Verabschiedung des Gesetzes, eine Ausweitung der Sperre. Ganz offen. Das ist gegenüber allen Kritikern und Petitionis Petitionä Unterschreibern der Petition rücksichtslos und schamlos.
Ihre Krönung findet die Forderung in einem Satz, der bei mir mittlerweile einen leichten Brechreiz auslöst:
"Wenn es einen Nachweis gibt, dass sich Killerspiele negativ auf das Verhalten Jugendlicher auswirken, dann kann das Internet kein rechtsfreier Raum sein"
Thomas Strobl

Mal ganz davon abgesehen, dass der erste Teil des Zitats schon ziemlicher Unfug ist, weiß ich gar nicht, wieviele Politiker in den letzten Wochen und Tagen bereits bekräftigen mussten, dass das Internet ja nun wirklich kein rechtsfreier Raum sein darf. Passend dazu gibt es bei SpOn heute einen guten Artikel über den Blödsinn dieser Phrase: Klack. Lesen! Großartig ist btw.:
"Ein Mischwald darf kein spechtfreier Raum sein" (via twitter)

Liebe Politiker, das Internet IST kein rechtsfreier Raum, allein die Strafverfolgung gestaltet sich in manchen Fällen etwas schwieriger (v.a. was Urheberrechtsverletzungen angeht).
Das Argument (Internet, rechtsfreier Raum) wird nun immer mehr dazu benutzt, staatliche Eingriffe ins Netz zu rechtfertigen.
Ein Musterbeispiel einer solchen Argumentation hat gerade Ursula von der Leyen gebracht, die auf fast jedes Argument von Franziska Heine (der Initiatorin der Petition gegen die Internetsperren) in der ZEIT auf eine ganz besondere Weise antwortet:

"Im Internet gelten keine anderen Freiheiten als anderswo."

"Ganz wichtig ist mir, dass das Recht in der realen Welt genauso selbstverständlich gilt wie in der virtuellen Welt."

"Es darf keinen Bereich geben, in dem andere Regeln gelten als sonst im Alltag."
Diese Vorgehensweise ist nichts anderes als eine bewusste Täuschung des Volkes, denn wer will schon ein rechtsfreies Internet (und wie kann man nur gegen Kinderpornosperren sein?). Was wirklich hinter solchen Gesetzen steckt, wird bis zum Beschluss unter Verschluss (!) gehalten und mithilfe der Bild-Zeitung auch immer mal wieder so verdreht, dass man es gar nicht richtig verstehen kann. (Mal zur Information: Eine der Kämpferinnen für die Sperre aus der CDU, Martina Krogmann ist mit dem stellvertretenden Bild-Chefredakteur Alfred Draxler verheiratet)

3. Menschenbild
Die CDU und die "Three-Strikes"-Forderung (taz.de)
Kurz zur Erläuterung: Die CDU wollte denjenigen den Internetzugang sperren, die 3x illegal Filesharing o.ä. betrieben haben.
Ich möchte auf diese Forderung, die ja tatsächlich auch im Wahlprogramm stand, gar nicht so weit eingehen, denn man hat sie jetzt wieder zurückgenommen (also zumindest mal öffentlich, wer weiß, was nach der Wahl dann passiert).
Das Urteil, dass in Frankreich dieses Three-Strikes-Modell für verfassungswidrig erklärt hat, gibt es zusammengefasst auf zeit.de
Ebenda gibt es auch einen schönen Verriss des CDU-Wahlprogramms bzgl. Netzpolitik.

Montag, 22. Juni 2009

Where Is My Mind? Here.

Schlechte Qualität, verwackelt und trotzdem sehenswert. Der titelgebende Track zum Southside vom Southside:

Where Is My Mind?.

Eigentlich wäre die passende Überschrift zum Blogeintrag "Why does it always #rain on me?" gewesen. Ich war nämlich beim Southside und es hat #geregnet. Viel #geregnet.
Allerdings waren Travis nicht da und ich wollte einen künstlerischen Bezug herstellen. "Winter" von Joshua Radin hätte auch gepasst, kalt war es nämlich auch, aber nicht so kalt, wie #nass. Also dreht sich der Titel um die zweite besonders erwähnenswerte Flüssigkeit des Wochenendes. Alkohol (den Zusammenhang muss ich jetzt nicht gesondert darstellen, oder?).

Dieses Jahr hat das Southside eine ganze Menge alter Klassiker rausgegraben, die wohl auch Rock Am Ring gut gestanden hätten (btw. wie erklärt man eigentlich den Blödsinn, den die dieses Jahr eingekauft haben?).
Faith No More, die Pixies, Nick Cave, Kraftwerk, Social Distortion und die Ärzte haben alle schon einige Jahre auf dem Buckel und obwohl außer den Ärzten kein wirklicher Publikumsmagnet dabei war, war das Southside auch dieses Jahr wieder ausverkauft. Gut gemacht. (Ok, die Argumentation hinkt jetzt etwas, weil ich gerade auf das unterirdische (und trotzdem ausverkaufte) RaR-LineUp geschimpft habe. Ich meine aber hier, dass die Veranstalter den Spagat zwischen künstlerischem Anspruch und Massentauglichkeit geschafft haben, der bei RaR jedes Jahr eher zu Ungunsten ersterem ausfällt - Ein ganzes Wochenende dredg gucken ist nunmal auch doof.)

Im Einzelnen dann meine Eindrücke vom Wochenende:
Am Donnerstag durften wir das großartige Wetter vollgepackt zwei Stunden lang in der Schlange verbringen und Freitags morgens wurden wir dann schon vom #Regen begrüßt.
Als erstes ging es dann zu Less Than Jake. Darüber will ich gar nicht viele Worte verlieren, das war nämlich ziemlicher Mist. Immerhin haben auch Less Than Jake die Überflüssigkeit des Genres "Ska-Punk" eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Es konnte nur besser werden.

Wurde es auch, denn danach hab ich mir im Zelt die Silversun Pickups angeschaut. Kannte ich vorher nicht, werde das aber nachholen.

Jetzt endlich das erste erhoffte Highlight, die Fleet Foxes. Leider fing es während der wunderschönen Songs an zu #regnen, was den Eindruck ein wenig trübte, denn diese Musik verdient Sonnenschein!

Anstatt zu Keane zu gehen, flüchtete ich auf den Zeltplatz (der #Regen) und kam erst wieder zu den Ärzten wieder (es hatte tatsächlich wieder aufgehört zu #regnen). Eigentlich kann ich mit eben diesen nicht so wahnsinnig viel anfangen (zu simpel, zu krawallig), aber aufgrund des Lobes von allen Seiten für die Live-Auftritte und mangels Alternativen, hab ich mir das Konzert dann doch angeguckt. Und nicht bereut. Die drei (also zumindest zwei von ihnen, der Dritte wirkte ein wenig unbeteiligt) sind grundsympathische Kerle und gute Entertainer. Außerdem können die Songs auch nicht soo schlecht sein, wenn man selbst gefühlte 5 km von der Bühne entfernt mit wildfremden Menschen in den Armen liegt und Westerland gröhlt...

Als Late-Night-Act war dann Nick Cave an der Reihe. Ich hatte ja eigentlich düstere Balladen erwartet und war dementsprechend überrascht, als der alte Mann auf der Bühne so richtig loslegte und einen unglaublich energievollen Rock n Roll- Auftritt hinlegte. Zwar blieben ein paar der erhofften Balladen (Into My Arms, As I Sat Sadly By Your Side) auf der Strecke, dafür gab es dann bei The Ship Song aber einen wahrhaft magischen Moment, als ein Verstärker (oder irgendsowas, ich kenn mich da nicht so aus) ausfiel und die Menge den Song zuende sang.

Der nächste Tag begann mit #Regen. Der machte dann dankenswerter Weise aber eine Pause und wir konnten den tollen Auftritt von Johnossi sehen. Die Menge tobte bereits um halb 3 mittags. Großartig.

Danach dann Gaslight Anthem, die mit einem tollen Konzert und den immer noch starken Songs wahrscheinlich eine ganze Menge neuer Fans gewonnen haben (mich nicht, denn ich bin schon einer).

Brand New habe ich leider verpasst (es hatte übrigens währenddessen #geregnet), weil ich meinen Rausch ausschlafen musste (s. Titel), bei der zweiten Hälfte der Editors war ich aber wieder fit und durfte einen großartigen Auftritt erleben. Wahnsinns-Sound, Wahnsinns-Stimme und Smokers Outside The Hospital Doors hab ich auch noch mitbekommen. Alles in Allem eine tolle Einstimmung auf:

Franz Ferdinand! Das stimmungsmäßige Highlight des Wochenendes (es #regnete NICHT). Der ganze Auftritt war eine einzige riesengroße Party (zumindest da, wo ich war) und legt die Messlatte für den nachfolgenden Headliner-Auftritt verdammt hoch.

Die Kings Of Leon wurden ihren Vorschuss-Lorbeeren nicht so ganz gerecht. Die Hitdichte ist einfach nicht so hoch, dass sie über 1 1/2 Stunden überzeugen können. Sex On Fire und Use Somebody und On Call waren natürlich trotzdem großartig und Spaß hatten wir auch.

Danach mussten aber leider die Nine Inch Nails aufgrund von Erschöpfung, Unlust und #Regen dran glauben und der Abend endete im Partyzelt.

Der Sonntag begann dann zwar wieder mit #Regen, dann hatten wir aber tatsächlich einige Stunden schönes Wetter, was mit einem Mini-Fußballturnier auf dem Zeltplatz gefeiert wurde.
Begonnen wurde der musikalische Teil des Tages dann mit Frank Turner im Zelt, den ich im Februar bereits zusammen mit Gaslight Anthem gesehen und für gut befunden hatte. Dieses Eindruck konnte er aufrecht erhalten, sodass er es sich jetzt eigentlich verdient hat, dass ich mir eine CD von ihm kaufe (der wird sich freuen).

Im Anschluss kam dann der großartige Joshua Radin, der es mit dem Ska-P-Sound von außerhalb aufnehmen musste, dies aber wunderbar bewerkstelligte, indem er erst einige Songs mit seiner Band spielte (u.a. ein grandioses Cover von Dylans Don't Think Twice, It's Alright) und dann zu seinen "Whisper-Rock" Stücken Winter und Closer überging. Die Stimmung im Zelt war überragend und bewies einmal mehr, dass kleinere Bands (bzw. Künstler) im Zelt besser aufgehoben sind als am frühen Nachmittag auf der großen Bühne.

Mars Volta musste ich nach einer halben Stunde (und zwei Songs!) abbrechen, weil es wieder anfing zu #regnen und ich kleidungsmäßig nicht dafür gerüstet war. Allerdings war der Auftritt - passend zu ihren Frisuren - schon sehr schräg. Ziemlich viel Gitarrengefrickel und wenig Songstrukturen. Was die At The Drive-In-Überbleibsel angeht, sind mir weiterhin Sparta lieber (v.a. wegen eines Wahnsinns-Auftritts beim Highfield 2007).

Nach einem kurzen Intermezzo auf dem Zeltplatz ging es dann zu den Pixies, die für mich der ausschlaggebende Grund waren, dieses Jahr zum Southside zu fahren. Ein einwandfreier Best-Of-Auftritt in sehr nüchterner Art vorgetragen. Highlights waren dann zum Schluss natürlich Where Is My Mind und Debaser. Was hat eigentlich Frank Black gemacht, als er sich an den Rand der Bühne gestellt hat? Zwischendrin hat es übrigens kurz gehagelt.

Danach habe ich Social Distortion verfolgt. Ich weiß noch nicht, wie ich das Konzert finden soll, die waren zwar unheimlich sympathisch, aber außer Story Of My Life haben mich die Songs nicht so mitgerissen. Interessanter war, wie sich die gelangweilten Securitys gegenseitig Flummis, Tennisbälle und Klorollen zuwarfen bzw. -kickten. Gegen Ende hat es dann angefangen zu #regnen und bis zum frühen Morgen nicht mehr aufgehört.

Würdiger letzter Headliner des Southside waren Faith No More. Eine großartige Show und viele Hits entschädigten für das schlechte Wetter. Ein besonders großes Lob ist v.a. deswegen auszusprechen, dass Mike Patton es tatsächlich geschafft hat, die von #Regen und Kälte ausgezehrte Menge (inklusive mir selbst) noch einmal richtig mitzureißen. We Care A Lot war dann ein klasse Schlusspunkt.

Heute mittag ging es dann nach Hause und erwähnenswert ist noch, dass wir (alter VW-Bus mit Fahrer mit Rastas) tatsächlich 3x (auf der Hinfahrt auch schon einmal) von der Polizei zur Kontrolle rausgewunken wurden...

Fazit: Musikalisch absolut großartiges Festival (was sich allein schon aufgrund der gehäuften Verwendung des Wortes "großartig" in meinem Blogpost nachvollziehen lässt) mit leider sehr schlechtem Wetter.

Mittwoch, 17. Juni 2009

We Care A Lot. Teil II

Weiter gehts mit meinen Favoriten fürs diesjährige Southside. Leider hab ich nicht so wahnsinnig viel Zeit und werde mich auf das Nötigste beschränken :)

Samstag, 19:30 - 20:45 Editors
Die Editors sind die gelungene Symbiose aus Interpol und R.E.M. und kommen noch nichtmal aus New York.
Die Texte sind unheimlich stark und sehr sehr düster.
Anspieltip: Smokers Outside The Hospital Doors
Samstag, 21:15 - 22:30 Franz Ferdinand
Endlich sind Franz Ferdinand wieder unterwegs. Zwar war das letzte Album nicht so gut, ich bin jedoch zuversichtlich, dass der Liveauftritt grandios wird, u.a. wegen:
Anspieltip: Take Me Out
Sonntag, 16:00 - 17:00 Joshua Radin
Wahrscheinlich kennen ihn einige schon vom Soundtrack von Scrubs oder Garden State, trotzdem ist er meines Erachtens DER Geheimtip des diesjährigen Southside.
Das ist soooo schön.
Anspieltip: Girlfriend in A Coma (Smiths Cover)
Sonntag, 18:45 - 19:45 Pixies
Legenden.
Anspieltip: Where Is My Mind
Sonntag, 22:00 - 23:30 Faith No More
Legenden.
Anspieltip: We Care A Lot

Mehr gibts dann nach dem Southside am Montag oder Dienstag.

Und zwar umsonst.

Heute war ich auf der großen Demo in Heidelberg zum Bildungsstreik und möchte ein paar Worte darüber verlieren.
Im Vorfeld gab es immer wieder Warnungen von den Konservativen, man solle sich nicht von "irgendwelchen" linken Verbänden vereinnahmen und zum Krawall verleiten lassen.
Die Demo ist - soweit ich das mitbekommen habe - friedlich verlaufen und der Mann mit der Fahne von den Linken hat sich immer wieder Diskussionen aussetzen müssen. (Ich persönlich sehe nichts Anstößiges daran, wenn Linke und Gewerkschaften aufrufen und unterstützen, die Cdu hat es ja jetzt nicht für nötig gehalten, irgendwie auf die breiten Proteste zu reagieren.)

Laut SWR waren in Heidelberg 5 000 Schüler und Studenten bei wunderschönem Wetter auf den Beinen. Insgesamt waren in Deutschland wohl über 100 000 auf der Straße. Da noch von irgendwelchen Linksaußen-Veranstaltungen zu sprechen, liegt fern, die Forderungen sind realistisch (gerade weil sich ja vieles in den letzten Jahren - zum Schlechten - verändert hat) und die nötige Aufmerksamkeit ist jetzt hoffentlich erreicht.

Gestern haben etwa 200 Bildungsstreikler den Senat der Uni Heidelberg "gesprengt". Man hat eine (tolle) neue Satzung für die Universität ausgearbeitet und Rektor und Senatoren wollten sich das noch nichtmal anhören ("Wir haben einen strikten Zeitplan und können nicht einfach einen neuen Tagesordnungspunkt behandeln").
Als die meisten Senatoren dann gegangen waren, wurde lebhaft über die Fassung einer "Freien Universität Heidelberg" diskutiert. Sogar ein Mensch von RCDS war dabei und hat sich an der Diskussion beteiligt (es wurde sogar auf ihn eingegangen). Respekt.
Trotzdem haben sich der RCDS v.a. mit einem Plakat "Bildung statt Streik" von den Forderungen des Bildungsstreiks distanziert. Aber das kennt man ja.

Nachtrag: Ach ja. Wo ich gerade über die CDU gewettert habe. Anette Schavan, die Frau, die sich Bildungsministerin schimpft hat gemeint, die Proteste seien "gestrig". Da hat die progressive Fortschrittspartei CDU mal wieder einen Hammer rausgeholt. Warum sollte man auch gegen ein System sein, dass nicht funktioniert? Unfassbar.

Dienstag, 16. Juni 2009

We Care A Lot, Teil I

Als ich meinen Blog angefangen habe, wollte ich eigentlich v.a. über Musik schreiben. Irgendwie ist das dann alles etwas ins Politische abgedriftet (v.a. weil wenig Geld für Konzerte und neue Cds und im Gegenzug viel Zeit zum Zeitung Lesen da war).
Eigentlich hat die Musik bei mir einen nochmal höheren Stellenwert, schließlich ist sie eine grundsätzlich positive Sache (was man von der Politik nunmal nicht behaupten kann) und man muss sich nicht so oft darüber ärgern (v.a. dann, wenn man einschlägigen Linkin Park und Silbermond Alben aus dem Weg geht).
Nichts kann so magische Momente wie Musik zur richtigen Zeit (spätnachts Mogwai) am richtigen Ort (ein Weakerthans Konzert, auf dem alle die Songs mitsingen) in richtiger Stimmung (in der Sonne liegen und The Shins hören) mitunter bei richtigem Wetter ("Why does it always rain on me") hervorrufen. Und nicht erst seit John Lennon wissen wir, dass Musik auch die Welt retten kann. Oder so.
Jetzt möchte ich mein blogtechnisches Versäumnis ein wenig nachholen, indem ich einen Vor- und einen Nachbericht zum Southside verfassen will.
Nachdem letztes Jahr Radiohead, die Weakerthans, die Foo Fighters, Maximo Park, Sigur Ros, Biffy Clyro und etliche andere Topacts die Latte sehr hoch gelegt hatten, wurden dieses Jahr erwartungsgemäß etwas kleinere Brötchen gebacken. Nachdem die ersten Bestätigungen von u.a. den Ärzten, Clueso, Culcha Candela und Disturbed bereits das Schlimmste befürchten ließen, hat man doch noch einige Leckerbissen eingekauft, die ich im Folgenden kurz vorstellen möchte:

Freitag, 18:50 - 19:35 Fleet Foxes
Bisher hab ich ja noch niemanden zu dieser Musik begeistern können. Meine gitarrenaffinen Mitmenschen setzen spätestens dann aus, wenn der mehrstimmige Gesang einsetzt.
Allerdings haben die Fleet Foxes mit ihrem Album letztes Jahr wahrscheinlich für die schönsten Melodien gesorgt und wurden von der "Indie-Fangemeinde" auch angemessen gewürdigt (ich kenne zu wenige solche Leute glaube ich). Ich bin gespannt, inwieweit sich die tolle Atmosphäre der Songs live entfalten wird.
Anspieltip: Tiger Mountain Peasant Song

Freitag, 0:30 - 2:00 Nick Cave and The Bad Seeds
Vorstellen muss ich den Mann ja nicht, also kann ich kurz sagen, was ich von ihm halte:
Ich finde Vieles von seinen Alben (von denen ich allerdings bei Weitem nicht alle kenne) nicht besonders aufregend, weil einfach zu wenig "passiert". Aber die Stimmung, die viele Songs (und ein Album: No More Shall We Part) mit sich bringen, ist grandios. Ich möchte mich selbst aber nur sehr selten wirklich davon runterziehen lassen. So kenne ich wenig Musik, die eine so düstere Stimmung mit sich bringt, dass es fast gruselig ist (s.o. Mogwai). Beim Southside spielt die Band ab halb 1, was dem Ganzen hoffentlich eine würdige Kulisse bietet.
Anspieltip: No More Shall We Part

Samstag, 15:15 - 16:00 Gaslight Anthem
Der Indie- (das Wort ist furchtbar, lässt sich aber leider nicht vermeiden)Hype des letzten Jahres beehrt nun also auch das Southside. Musik zwischen Bruce Springsteen, Folk und Punk zu machen, muss einem auch erstmal jemand nachmachen. Gabs schonmal? Egal.
Dass sie nachmittags und auch noch auf der großen Bühne spielen, ist für mich nicht ganz so schlimm, weil sie sie bereits im Februar auf ihrer Tour in einem tollen, engen, kleinen Club gesehen habe, wo sie definitiv eher hingehören.
Anspieltip: Old White Lincoln

Samstag, 17:30 - 18:30 Brand New
Emo. Ein Genrebegriff der zurecht in Verruf gekommen ist, weil 90% dessen, was sich als Emo bezeichnet, irgendwo zwischen Mädchenmusik (ja, das ist was Schlimmes, genau wie "Jungsmusik" i.S.v. Limp Bizkit oder Metallica oder Ramstein schlimm ist) a la Plain White Ts oder Fall Out Boy (oder Panic! At The Disco und so) und sinnlosem Rumgekreische im Stile von Silverstein (das ist richtig eklig) und The Used bewegt. Abseits davon gab es mal At The Drive-In und sonst nicht viel mehr. Brand New machen also Emo. Und beweisen, dass nicht die Musikrichtung schlecht ist, sondern nur die Bands, die für sie stehen (sic!). (Polemisch zu sein, macht auch Spaß, wenn man nicht über Politik redet.)
Anspieltip: Degausser

Morgen dann die zweite Hälfte.

Montag, 15. Juni 2009

Bildung für alle.


Seit heute ist in ganz Deutschland Bildungsstreik. Das ist grundsätzlich eine tolle Sache, ich habe ja meine Meinung über einige Missstände unseres Bildungssystems und die Verlogenheit von "Chancengerechtigkeit" bereits kundgetan und erkläre jetzt mal nicht, warum ich gegen Ausgrenzung von sozial Schwächeren durch Studiengebühren, Abkehr von einem eigenverantwortlichem Studium durch den Bachelor-Master-Kram und generell die Verwirtschaftlichung des Bildungssystems bin. Ganz davon abgesehen, ist die Mitbestimmungsmöglichkeit der Studenten ein Witz, in Heidelberg hat der AStA Mitspracherecht nur in musischen und sportlichen Fragen. (Die gesamten Ziele können hier noch einmal nachgelesen werden). Dazu kommt dann noch meine Abneigung von diesen seltsamen Exzellenzinitiativen (warum sollen die, denen es eh gut geht, noch zusätzlich gefördert werden). Gerade hier in Heidelberg stößt da so einiges sauer auf. Mit den Protesten der Romanisten und der Studenten der Pädagischen Hochschule hat man hier gewissermaßen den Startschuss gegeben.
Interessant ist persönlich immer wieder die Diskussion mit meinen Mit-Jura-Studenten (Kommilitone ist ein Scheißwort. So.), die fast geschlossen für Studiengebühren sind (Wir waren auf der Vollversammlung des Bildungsstreiks 2 Juristen aus meinem Semester). Da ist man mit seinen eigenen Studienbedingungen einigermaßen zufrieden und hält sein Studium vor allem für eine "Investition in die eigene Zukunft", also warum für diejenigen eintreten, die keine annehmbaren Bedingungen haben und ein Studium aus eigener Kraft nicht stemmen können?
Grandios (anders kann man das gar nicht bezeichnen) sind allerdings die Äußerungen von RCDS und JU :
Der Ring Christlich-Demokratischer Studenten warnt vor einer "Krawallaktion" und wird seinem Ruf, streberhaft die öffentliche Ruhe zu bewachen, bestens gerecht: "Klausuren müssen trotzdem geschrieben werden. Da hilft es nicht, wenn man die Vorlesungen stürmt und Studenten vom Lernen abhält." Der Asta in Bonn sieht "linke Chaoten" am Werk, und die Schülerunion orakelt, es sei nur eine Frage der Zeit, bis Autos brennen: "Wir fordern ein hartes Einschreiten der Polizei!" Die Gegner des Protests tun also einiges dafür, den Brand, vor dem sie warnen, selbst anzufachen.
sueddeutsche.de
Dann möchte ich noch hinweisen auf einen schönen Text bei coffeeandtv und uns einen erfolgreichen und friedlichen Streik wünschen.

Donnerstag, 11. Juni 2009

Netzsperren.

Ich hab mal einen Brief an meinen Bundestagsabgeordneten geschrieben:


Sehr geehrter Herr Binding,

mit viel Unverständnis mussten ich und viele weitere junge Leute die Diskussion über das Anti-Kinderporno-Gesetz mitverfolgen. Im Netz hat sich, wie Sie gewiss mitbekommen haben, ein breiter Widerstand aufgebaut, indem über 100 000 Bürger sich per Petition gegen dieses Gesetz ausgesprochen haben. Die Gründe sind hinlänglich bekannt, ich möchte sie trotzdem noch einmal kurz erläutern:
1. Die Sperrlisten sind nicht einsehbar. Das BKA kann die Listen nach ihrem Gutdünken erstellen, für uns Normalbürger ist die Aufstellung nicht nachvollziehbar. Daraus ergibt sich die Befürchtung, dass die Sperre für Kinderpornos auch auf andere für Regierung oder BKA "unangenehme" Seiten ausgeweitet wird. Eine Sperre durch das BKA kommt einer Zensur gleich, auch wenn sie sich nur auf die - natürlich von niemandem befürworteten - Kinderpornoseiten bezieht.
Durch missverständliche Äußerungen u.a. ihres Genossen Wiefelspütz oder von Thomas Strobl aus der CDU, die eine Ausweitung eben dieses Sperrsystems fordern, scheint sich diese Befürchtung zu bewahrheiten. Dadurch sehen wir insbesondere das Grundrecht der Informationsfreiheit gefährdet.
2. Die reine Sperrung von Kinderpornoseiten dient unserer Ansicht nach nicht dem Schutz der Kinder. So verhindert die Sperrung einer Seite nicht das Vergewaltigen der Kinder, gegen das eigentlich vorgegangen werden sollte. Im Übrigen möchte ich auf Telepolis verlinken, wo die Widersprüche der Motivation der Netzsperren wunderbar auseinander genommen werden.
U.a. wird dort das LKA München zitiert.
Die überwältigende Mehrzahl der Feststellungen, die wir machen, sind kostenlose Tauschringe, oder Ringe, bei denen man gegen ein relativ geringes Entgelt Mitglied wird, wo also nicht das kommerzielle Gewinnstreben im Vordergrund steht. Von einer Kinderpornoindustrie zu sprechen, wäre insofern für die Masse der Feststellungen nicht richtig.
LKA München
Diese Einschätzung widerspricht den Darstellungen der Ministerin von der Leyen, die bei Kinderpornographie anscheinend von einem Millionengeschäft ausgeht, das sich auf das Internet beschränkt.
Davon abgesehen, ist die Umgehung der Sperren für jeden regelmäßigen Internetnutzer lächerlich einfach, wie u.a. dieses Video beweist. Dafür muss man sich von Ursula von der Leyen danach beleidigen lassen, dieses Video steht für sich. Ihrer Ansicht nach, ist also jeder, der eine Sperre umgehen kann, ein "schwer Pädokrimineller". Mal abgesehen davon, dass dieses Wort schon für sich sehr seltsam ist, lassen diese Äußerung und eine von Karl-Theodor Wilhelm Lothar Matthäus von und über Guttenberg, der in der Tagesschau die Unterzeichner der Petition in die Nähe von Kinderschändern rückte, ein Bild von der regierenden Politik erscheinen, das den Eindruck erweckt, dass sie entweder keine Ahnung von dem hat, was sie vorhat oder aber auf die Kosten von jungen Leuten, von denen fast alle Internetnutzer sind, Wahlkampf machen will.
Jeder Kritiker der Internetsperren befürwortet die Verfolgung und Bestrafung von Menschen, die ihre Kinder vergewaltigen und derjenigen, die sich dies dann anschauen. Allerdings halten wir die Netzsperre nicht nur für unwirksam - was nicht zu beanstanden wäre, denn dann würde es vielleicht auf einen Versuch ankommen - sondern auch für gefährlich (s.o.). Wir befürchten zusätzlich, dass man mit der publikumswirksamen Einführung einer Internetsperre das Problem auf sich beruhen lässt. Die Server, auf denen die Kinderpornographe wirklich liegen, und der Austausch von Kinderpornographie, der sich nach herrschender Meinung v.a. auch über Handy, Emailverkehr oder Peer-to-Peer vollzieht
, bleiben unangetastet.
Die SPD hat dieses Vorhaben bisher mitgetragen und es scheint nun, dass sich endlich Widerstand regt.
Ich möchte sie bitten, sich noch weiter über dieses Thema zu informieren und gegebenfalls helfen, das Projekt zu kippen. Gerade in der aktuellen Situation der SPD kann es meiner Meinung nach nur förderlich sein, vor den Belangen der jungen Leute nicht weiter die Augen zu verschließen.
Vielen Dank
Benedikt Rüdesheim, besorgtes SPD-Mitglied seit November 2008 aus Dossenheim

Montag, 8. Juni 2009

Zeichensprache.

Gestern wurde gewählt. Ein bissjen jedenfalls und ingesamt auch nicht viel. Das wundert nicht. Europapolitik mag zwar womöglich interessant sein, wenn sie dem Wähler aber nicht präsentiert wird, dann braucht sich niemand zu wundern, wenn niemand wählen geht. Hat man irgendetwas von den Europawahlprogrammen der Parteien mitbekommen?
Die FDP wollte, dass alles so bleibt wie es ist und hat Stimmen bei denen geholt, die sich aufgrund eines gefühlten und medial erarbeiteten Linksrucks von Spd und Cdu fürchten, sie müssten vielleicht demnächst ein bissjen mehr Steuern zahlen. Dass sie in Umfragen vor ein paar Wochen schon bei 17% stand und jetzt 11% als großen Sieg feiert, hat noch niemand so richtig bemerkt. Lambsdorff bezeichnet die Kritik an Silva-nie-da als Schlammschlacht (langer Text, das steht so irgendwo in der Mitte). Aber da auch das (leider) niemand so richtig mitbekommen hat, durfte Koch-Mehrin gestern ihr Zahnpasta-Lächeln auspacken und für weitere 5 Jahre Lobbyarbeit und Babysitten ins Europaparlament ziehen.
Die Grünen hatten Wums. Da wusste zwar keiner so richtig, was es heißt, aber sie haben sich zurecht auf hohem Niveau gehalten. (Zurecht deswegen, weil das Programm, wenn man es denn mal gefunden hatte, wirklich gut ist)
Die Cdu stand für... na was eigentlich? Da hat man mal was von neuer Finanzordnung für Europa gehört und im gleichen Atemzug wurde Friedrich "Mehr Kapitalismus wagen" Merz als EU-Kommisar vorgeschlagen. Dadrüber wollte ich noch etwas Polemisches schreiben, aber nach kurzem Suchen auf seiner Homepage (die verlinke ich hier mal nicht, allein sein Foto ist schon mindestens verfassungswidrig oder sowas) bin ich auf ein Zitat gestoßen, das eigentlich für sich steht und ob seiner Unfassbarkeit unkommentiert zur Wirkung kommen soll:
"Noch so gut gemeinte soziale Regelungen, wie Mindestlohn oder verlängertes Arbeitslosengeld für Ältere, schränken den Markt ein. Und sie schränken gleichzeitig auch den Menschen ein, sein Recht auf Freiheit."
Ansonsten hat sich die CDU ganz besonders in ihrem Werben um ein türkeifreies Europa hervorgetan, mit dem wohl im Allgemeinen die erfolgreiche Wahlstrategie vergangener Jahre von Koch und Konsorten aufgegangen ist und die Wähler der rechten Randparteien ihr Kreuz bei der rechten Mittepartei gemacht haben.
In der Lieblosigkeit von Plakaten sind die Unionsparteien aber dann ganz vorne dabei. Die "Wir in Europa"-Plakate bestrafe ich jetzt aufgrund ihrer enormen Aussagekraft mit Nichterwähnung (auch wenn ich es jetzt doch getan habe), aber wirklich toll waren diejenigen Plakate, auf denen dicke Politiker für ein schlankes Europa warben. Danke Bernd Posselt. Und guten Appetit an Brüssels Buffet.

Dann bleibt jetzt nur noch eines. Nämlich über die SPD zu reden. Puh. Natürlich haut jetzt jeder gerne drauf und natürlich nicht zu unrecht. 25-26% hat man erwartet und die wurden deutlich unterschritten. Natürlich ist es erschreckend, wenn in Zeiten einer (hausgemachten) Wirtschaftskrise konservativ und wirtschaftsliberal gewählt wird, also der Bock zum Gärtner gemacht wird (das passt jetzt hier nur so halb, ich finde den Spruch aber toll). Aber wie möchte die SPD glaubwürdig ein Gegenprogramm (das sie jetzt tatsächlich ja [ein bissjen] hat, das muss man mal lobend erwähnen) präsentieren, wenn sie immer noch von Politikern wie Müntefering, Steinmeier und Steinbrück geführt wird, die auch weiterhin für Hartz4, Steuerfreiheit für Hedgefonds und Spitzensteuersatzsenkung stehen?
Schön fand ich in der Hinsicht einen Satz aus der taz:
2004 hat die SPD die Europawahl verloren, weil sie den richtigen Kanzlerkandidaten hatte, der die falsche Politik machte.
Hat sie 2009 vielleicht deshalb verloren, weil sie die richtige Politik macht, aber mit dem falschen Kandidaten?

Wahrscheinlich lag das schlechte Wahlergebnis auch an der laschen Wahlbeteiligung, aber eine Ausrede ist das nicht, schließlich muss eine Partei ihre Wähler an die Urne bringen (nicht in die Urne, hihi) und dort hat die SPD noch mehr als alle anderen Parteien (die CDU hat auch ein absolutes Ergebnis von nur 16% der Stimmen aller Wahlbeteiligten) versagt.

Freitag, 5. Juni 2009

Gegen den modernen Fußball.

Es soll Leute geben, die finden Hoffenheim toll. Da heißt es dann, der Hopp habe ja soviel für die Region getan und der Fußballverein würde da dazuzählen. Manchen Leuten sind die Finanzierungsmodelle der Bundesligisten auch völlig egal und sie freuen sich alleine über guten und schönen Fußball.
Vorweg sei gesagt, dass der Kerl tatsächlich einige tolle Sachen in der Region auf die Beine gestellt hat. Er unterstützt medizinische Forschungsprojekte, soziale Einrichtungen und in lobenswerter Weise auch den Sport. Ja. Da werden jedes Jahr Gelder in die Förderung von Jugendlichen in den Sportarten Fußball, Handball, Eishockey und Golf (Golf zu fördern finde ich persönlich etwas übertrieben, weil ich der Meinung bin, dass Kinder mit reichen Eltern, die aus Langeweile und um ihren Snobismus in die Welt zu tragen, Golf spielen, jetzt nicht noch Geld dazu bekommen müssen, aber das ist eine andere Geschichte) gesteckt. Dieses Engagement möchte ich um nichts in der Welt kritisieren.
Somit ist persönlich nichts gegen die Person Dietmar Hopp zu sagen, außer dass er unglaublich dünnhäutig und wohl ein bissjen größenwahnsinnig ist und den Fußball kaputt macht.
Von der Dünnhäutigkeit hat sich jeder interessierte Fußballbeobachter in den letzten Monaten überzeugen können. Seit Jahren werden in den Fußballstadien Spieler, Trainer, Funktionäre und Schiedsrichter teilweise aufs Übelste beleidigt und Dietmar Hopp muss einen 18-jährigen Fan anzeigen, weil der ein Plakat mit Fadenkreuz hochhält. Die ganze Führungsetage von DFB und DFL sieht sich verpflichtet, Hopp unbedingt beizuspringen und die Kritik und die Schmährufe von Seiten der gegnerischen Fans zu verurteilen. Nun sollte sogar gegen eventuelle Beleidigungen vorgegangen werden. Wie unfassbar das ist, weiß man, wenn man in den Stadien noch heute sogenannte Urwaldrufe gegen schwarze Spieler hört, aus denen keine Konsequenzen gezogen werden. Auch der etwas seltsame "Boykott" des Tagesspiegels durch Hoffenheim gehört in die Reihe "Kurioses". Wie eng die Interessen von DFB und Hoffenheim vernetzt sind, sieht man u.a. darin, dass der ehemalige Hoffenheimer Trainer Hansi Flick jetzt bei der Nationalmannschaft Co-Trainer ist und der Sohn von Theo Zwanziger Manager der Frauenmannschaft in Hoffenheim.
Hoffenheim gehört bei den Zwanzigers also gewissermaßen zur Familie. Da hätte der Präsident über seine Worte besser „In eigener Sache“ geschrieben.
(Lorenz Maroldt, Chefredakteur des Tagesspiegels, September 2008)

Die Nominierung von Tobias Weiß in die Nationalmannschaft fällt mangels sportlicher Nachvollziehbarkeit wohl ebenso in die Kategorie "Imagepflege für Hoffenheim" wie die schnelle Abwicklung des Dopingfalles mitsamt seltsamer Äußerungen seitens Ralf Rangnick und äußerst mildem Urteil. Man fürchtet beim DFB bei weiterer Kritik von Fanseite um einen Geldgeber, Kritik am "Modell Hoffenheim" ist also nicht erwünscht. Von der Kritikfähigkeit von Theo Zwanziger wissen wir ja auch seit dem Weinreich-Fall. Und in Sachen Dünnhäutigkeit kommt man natürlich auch nicht an Ralf "Ich konnte schon als Kind nicht verlieren" Rangnick vorbei.
Abgesehen von diesen Unerfreulichkeiten am Rande ist eben das "Modell" aber schon hinterfragenswert. Christian Heidel hat 2007 gesagt, dass Hoffenheim einen von 36 Plätzen im Profifußball "wegnehme". Auch hier wieder das Schema der Entgegnung, man wendet sich an Papa DFB und unterstellt auch noch Aufruf zur Gewalt.
Dieses Jahr mussten 3 Vereine aus der ersten Liga absteigen, die alle ein Beispiel dafür waren, dass man trotz geringer Mittel in der Bundesliga Fußball spielen kann. Karlsruhe, Bielefeld und Cottbus werden jedes Jahr ihre besten Spieler weggekauft, sie können nur für wenig Geld neue kaufen und ihre Konkurrenzfähigkeit trotzdem aufrecht erhalten. Im "Modell" Hoffenheim gibt es so etwas nicht. Stattdessen werden Lügen verbreitet wie:
Unser Lohnetat ist mit 23 Millionen genauso hoch wie der von Cottbus. Das sollten manche Leute endlich registrieren

(Ralf Rangnick, August 2008)
Der gute Mann hat damals den Gesamtetat von Cottbus mit dem eigenen Spieleretat verwechselt. Vielleicht war es ein Versehen, ich glaube jedoch eher an eine manipulative Lüge. Warum sollte Rangnick nicht über den Etat seiner eigenen Mannschaft Bescheid wissen?

Großartig fand ich dann auch folgendes Zitat:
Dietmar Hopp ist genau das Gegenteil von Abramowitsch.

(Dr. Theo Zwanziger, September 2008)

Ich befürchte, Theo Zwanziger hat das tatsächlich ernst gemeint. Hopp ist also kein Milliardär, der sich aus Spaß am Fußball einen Verein aufbaut und für teures Geld Spieler käuft. Achso. Ja also dann kann man die beiden nun wirklich nicht miteinander vergleichen.
Wenn es um Hopps Beweggründe geht, dann sagt er immer wieder Folgendes:

Bei mir war es eine spezielle Situation. Hoffenheim ist mein Heimatort, dort habe ich Fußball gespielt. Dort kenne ich alle, dort habe ich das Vertrauen.

(Dietmar Hopp)
Hoffenheim ist also Herzenssache für Dietmar Hopp. Der Verein liegt ihm so sehr am Herzen, dass er ihn zwischenzeitlich mal mit anderen Vereinen zum FCH Heidelberg 06 fusionieren und in Heidelberg ein Stadion bauen wollte. So weit geht seine Liebe zu seinem Heimatort Hoffenheim.
Das zweite "große" Gegenargument für Kritik am Modell Hoffenheim ist die "vorbildliche Jugendförderung". Solch eine Aussage ist Hohn für die anderen Vereine der Region, die mittlerweile ihre talentiertesten Spieler von Hoffenheim abgeworben bekommen und als deren eigene präsentiert werden.
Das Agreement, dass man keine Spieler von anderen Profi-Klubs abwirbt, gibt es schon lange nicht mehr. Ich erwarte von meiner Jugend-Abteilung sogar, dass sie versucht, die besten Spieler zu holen.
(Jan Schindelmeiser, Manager von Hoffenheim, Juni 2008)
Wie die gute Jugendarbeit dann auf dem Platz aussieht, ließ sich dieses Jahr besonders gut sehen, denn bekannterweise spielt Hoffenheim stets mit 11 Talenten aus der eigenen Region.
In Wahrheit besteht 1899 Hoffenheim aus einigen vom VfB Stuttgart abgeworbenen Talenten und vielen (zugegeben hochklassigen) Ausländern. Für diese wurden in den letzten beiden Jahren insgesamt über 30 Millionen Euro ausgegeben. Mit nachhaltiger Jugendförderung hat das wohl recht wenig zu tun.
Abschließend muss natürlich gesagt werden, dass niemand Hopps Projekt verbieten kann (auch wenn die 50+1 Regel de facto ausgehebelt wird), gerade auch, weil genug andere Vereine ebenso ihr Geld "geschenkt" bekommen hat. Ich verweise auf Christoph Biermanns tollen Artikel im Spiegel, indem einiges Wahres und nach etwas Relativierung der Bosheit von Hoffenheim folgende Aussage steckt:
Aber all das macht die Anwesenheit Hoffenheims nicht zu einem Projekt im Dienste der Menschheit oder zu einem, das dem Besten des Fußballs dient.
(Christoph Biermann, SpON, September 2008)
Richtig. Hoffenheim steht für eine Entwicklung, die zwar nicht allein durch Dietmar Hopp bedingt ist, durch ihn jedoch beschleunigt und forciert wird. Auch Wolfsburg und Leverkusen haben ähnliche Finanzierungsmodelle und fairer sportlicher Wettbewerb kann sowieso nicht gewährleistet werden. Trotzdem kann man durchaus stehen lassen, dass ein künstlicher Verein wie Hoffenheim den in der traditionellen Fußballkultur und mit eigener (Finanz-)Kraft gewachsenen Vereinen einen Platz im Profifußball wegnimmt.
Einzigartig ist außerdem vor allem die Arroganz, mit der Kritik an Hoffenheim immer wieder abgetan wird und außerdem die Unterstützung des DFB, der die Meinung eines Großteils der (ich nenne es mal "aktiven") Fußballfans einfach übergeht.

Abschließend möchte ich meinen Artikel mit einem hoffnungsvollen Zitat von Reinhard Rehberg aus der MRZ:
In der Geschichte des FSV Mainz 05 seit 1990 steckt all das, was sich Dietmar Hopp für seine Milliarden nie wird kaufen können. Das normale Leben. Tiefe Täler, Alltag, hart erarbeitete Triumphe, ein ewiges Jonglieren auf einem dünnen finanziellen Ast. Hinfallen und wieder aufstehen. Absteigen, selbst aufgebaute Spieler und Trainer verlieren, neue Entwicklungen einleiten, Geduld haben, mit kleinem Geld auf dem Transfermarkt daneben liegen und Volltreffer landen. Ein Stadion bauen mit geliehenem Geld. Eine Stadt über Jahre in einem aufregenden Auf und Ab emotional unter Hochspannung halten. Das ist es, was eine TSG Hoffenheim nie erleben wird. Mit unbegrenzt langen Scheinen immer nur nach oben: Das ist nicht das normale Leben.

Donnerstag, 4. Juni 2009

Nieda.

Nachdem ich am Montag und gestern bereits über das neue Topthema Koch-Mehrin geschrieben habe und der Fall weiter hohe Wellen schlägt, muss ich das noch einmal aufgreifen.
Gestern abend berichtete Zapp mit O-Tönen von Koch-Mehrin, die natürlich weiterhin das Undschuldslamm spielt. Schlimmer als ihre mangelnde Anwesenheit, die mittlerweile gang und gäbe ist und im Prinzip nicht besonders zu beanstanden wäre (so auch bei weissgarnix.de), ist jedoch weiterhin das Vorgehen der FDP, die jetzt tatsächlich schmähende Kommentare bei den ruhrbaronen hinterlassen hat. Demokratiedefizit hatte ich gestern schon geschrieben und möchte das hiermit noch einmal bekräftigen.
Außerdem stellt man vielleicht auch endlich einmal den Typ Politiker im Stile Koch-Mehrins in Frage, bei denen Lobbypolitik und Selbstdarstellung im Vordergrund steht und von denen man politisch nicht viel mitbekommt. Mal ganz davon abgesehen, dass ich den Wahlspruch "Arbeit muss sich wieder lohnen" und eine gleichzeitige Ablehnung von Mindestlöhnen für fragwürdig halte, möchte ich hiermit dafür Eintreten, dass konsequenterweise Nichtarbeit bestraft wird und Koch-Mehrin in der parteipolitischen Versenkung verschwindet. Dankeschön.


Nachtrag:
Heute dann noch ein lohnender FR-Artikel und kritsche Anmerkungen von den nachdenkseiten.

Mittwoch, 3. Juni 2009

Mediales.

Heute ist ein großer Tag für den Journalismus. Vielleicht. Die Causa Koch-Mehrin schlägt jetzt Wellen und sueddeutsche.de berichtet darüber. Dass Politiker lügen, daran hat man sich gewöhnt, sie wollen ja auch nicht "daran gemessen werden, was sie vor der Wahl gesagt haben" (Müntefering). Sie legen also in manchen Fällen noch nicht einmal Wert darauf, glaubhaft zu wirken. Das ist traurig und trotzdem wäre die Lüge von Koch-Mehrin (In Anlehnung an "zensursula" sagt man jetzt auch "sil-wa-nie-da") nicht so erwähenswert, wenn die Reaktion der FDP nicht so krass ausfallen würde. Natürlich ist es legitim, wenn die Spitzenkandidatin geschützt und das gute Image (wobei selten "Aussehen" und "Image" so verschränkt verwendet werden) aufrechterhalten werden soll.
Das Vorgehen von Dirk Niebel aber (nachzulesen hier) ist einfach nur als schamlos zu bezeichnen. Es wird jetzt nicht nur weiter versucht Einfluss auf die Medienarbeit zu nehmen, es klingt sogar ein wirkliches Demokratiedefizit durch, indem anscheinend tatsächlich kritisiert wird, dass ein Journalist während einer Sendung eine kritische Frage stellt, die nicht vorher abgesprochen worden war.
Bei diesem Beispiel wird wieder viel über den Umgang von Politikern mit Journalisten und generell Journalismus deutlich, in dem die Einflussnahme noch nicht mal versucht wird zu verdecken. Bereits im Februar hat ja der Versuch von Roland Koch den ZDF-Chefredakteur zu demontieren zurecht Wellen geschlagen, viel Kritik ausgelöst und es wurde von vielen Seiten angestoßen, Grundsätzliches in der Beziehung Politiker - Medien zu ändern. Passiert ist noch nichts. Um die Unabhängigkeit gerade auch von öffentlich-rechtlichen Medien zu erhalten, muss sich die Verwaltung dieser von Politiker abkoppeln, kein Politiker darf die Möglichkeit haben, Einfluss auf redaktionelle Entscheidungen (und seien es nur Personalentscheidungen) zu nehmen.
Wenn schon eine harmlose Sendung wie 2+leif, in der nun wirklich keine Kritik geäußert wurde (die Fehlzeiten von silvanieda wurden nur kurz erwähnt, aber nicht diskutiert; die Situation war ein wenig peinlich, aber nicht mehr), vom Generalsekretär der FDP auseinandergenommen werden muss, dann läuft etwas schief. Wer aufmerksam öffentlich-rechtliches Fernsehn sieht, der weiß, dass kritische Sendungen ein Nischendasein im Programm fristen. Monitor und Frontal21 sind selten wirklich kontrovers, Zapp und Panorama sind es manchmal, kommen aber selten und spätabends. Großartig war der Umgang von Helmut Kohl mit eben diesen Sendungen. Klack. Sehenswert. So schafft man sich Kritiker vom Leib. Und selbt in diesem kurzen Filmchen kommt die Abneigung gegen die Öffentlich-Rechtlichen schön zum Ausdruck.
Wer jetzt das Heil im Privatfernsehen (auch daran ist Helmut Kohl Schuld) sucht, liegt natürlich genauso falsch. Erstens gibt es keine oder zumindest keine ernsthaften politischen Sendungen, denn die machen keine Quote und zweitens ist es auch da mit der Unabhängigkeit nicht so wahnsinnig gut bestellt, auch wenn wir glücklicherweise noch keine italienischen Verhältnisse haben.
Diese Umstände machen aber ein Medium wie das Internet noch existenzieller, in dem abseits von Vorgaben von Politikern jeder Einzelne die Möglichkeit hat, seine Meinung zu veröffentlichen und Kritik zu üben. Nicht umsonst ist auch der Protest gegen von der Leyens Zensurprogramm von Blogs initiiert worden. Aber genau an diesem Fall lässt sich auch wunderbar die Ignoranz der Politiker auch diesem Medium gegenüber feststellen (u.a. nachzulesen in diesem lesenswerten Artikel).
Vielleicht lässt sich mit der offen geäußerten Kritik immerhin über SpON und sueddeutsche.de ein Umdenken erreichen. Nicht nur Blogger und Twitterer sollen sich "aufgeklärt" nennen dürfen, sondern jeder Bürger. Um diese zu erreichen braucht es ein Fernsehen, das unabhängig agieren kann. Fernsehen und Internet sind keine "Instrumente" oder "Werkzeuge" für Politiker, auch wenn sie oft so bezeichnet werden.

Montag, 1. Juni 2009

Zeitumstellung.

Nachdem ich heute den halben Tag (schon leicht melancholisch) darüber nachgedacht habe, dass ja schon die Hälfte des Jahres 2009 vorbei ist und mir überlegt habe, welche Songs und Alben ich in meine Liste packen will, möchte ich das Ergebnis meiner Umwelt nicht vorenthalten, auch wenn ich mit dem halben Jahr seltsamerweise etwas danebenlag. Genau genommen ist es auch nur die Hälfte des Ergebnisses, weil ich zu dem Schluss gekommen bin, dass ich für eine halbjährliche Auswahl noch nicht genügend Alben dieser Zeit gehört habe, die für eine Platzierung in Frage kommen (dredg, Bob Dylan, jetzt kommt noch Eels). Das ist allerdings auch kein Wunder, schließlich ist noch gar kein halbes Jahr vergangen. Also nur Songs.
1. Glasvegas - Geraldine
Ja, der Sound ist nicht neu und ja, die Stimme nervt erst etwas. Aber wenn man die ersten Berührungsängste erstmal ablegt, dann ist das grandios. Diese Gitarren. Wow. Live noch mehr wegen der tollen Klangdichte. Den Hype um Glasvegas gab es völlig zurecht!
2. Maximo Park - The Kids Are Sick Again
Das neue Maximo Park Album hat lange gebraucht, bis es mal wirklich im Ohr war. Und dann hat man auch jetzt den Eindruck, dass die beiden Vorgängeralben eine ganze Ecke besser waren. Aber auf diesen Song trifft das nicht zu. Zwar sind die ersten 2 Minuten beim ersten Hören ziemlich langweilig, aber der Refrain macht das wieder wett, im Gesamtbild (hoffentlich) der "Indie"-Disco-Hit des Jahres (zusammen mit dem ebenfalls großartigen Twilight Omens von Franz Ferdinand).
3. Marching Band - For Your Love
Nachdem ich die ersten beiden Songs erstmal rechtfertigen musste, weil sie nicht auf Anhieb so eingängig seien, ist For Your Love direkt das Gegenbeispiel. Zuckersüße Melodie mit zuckersüßem Text. Steigerung bis zum Refrain, mehrstimmiger Gesang, ein Nintendo-Sound zwischendrin. Schöneres kann man beim in-der-Sonne-auf-der-Wiese-Liegen nicht hören...
4. Ghost Of Tom Joad - Into The Wild
Eigentlich mag ich Ghost of Tom Joad gar nicht so wahnsinnig, jedenfalls nicht so, dass ich mir jetzt ihre Alben kaufen würde oder so. Aber dieser Song ist auf eine angenehme Weise eigenartig, weil er deutschen und englischen Gesang verbindet. Und zwar so, dass man es kaum merkt, weil es einfach passt. Vielleicht steh ich im Moment auch einfach nur auf diese Gitarren (siehe 1.).
5. Decemberists - The Wanting Comes In Waves
Das neue Decemberists-Album ist meines Erachtens ein bissjen langweilig geraten, einfach weil ihnen zu ihrem (wie immer) tollen Folk-Prog-Sound irgendwie die wunderschönen Melodien der früheren Alben ausgegangen sind. The Wanting Comes In Waves ist eine Ausnahme. Ein perfekter Popsong der Marke Decemberists.

Wochenende.

Da ich dieses Wochenende keine Zeit zum Schreiben hatte und trotzdem sehr viel passiert ist, möchte ich kurz auf das Essentielle hinweisen:

Eine Selbstdarstellerin stolpert über ihre Selbstdarstellung. Silvana Koch-Mehrin strahlt im Moment so schön von den FDP-Plakaten, sie könnte jedoch Probleme bekommen, weil sie womöglich unter Eid gelogen hat. Das wäre eine tolle Sache, schließlich würde sich dann eine ziemlich überflüssige Politikerin selbst in Abseits stellen.

Außerdem fordern die Grünen Angela Merkel auf, sich gegen Berlusconi und seine Partei zu stellen, mit der sie in der EVP auf europäischer Ebene zusammenarbeitet. Als ob Italiens Demokratie durch die Person Berlusconi und die Skandale der letzten Jahrzehnte (an dieser Stelle sei der Film "Il Divo" ans Herz gelegt, der die Person Giulio Andreotti herrlich darstellt) nicht schon genug gebeutelt wäre, hat Berlusconi gerade die postfaschistische Partei Alleanza Nazionale (AN) in seine Partei Popolo della Libertà aufgenommen. Die CDU arbeitet also nicht nur mit Berlusconi (schlimm genug) zusammen, sondern jetzt auch mit einer faschistischen Partei und sie müssen von den Grünen darauf hingewiesen werden. Entweder ist das peinlich oder kalkuliert.

Ansonsten freut es, dass Karl-Theodor Wilhelm Lothar Matthäus von und zu Guttenberg bei der Opel-Entscheidung überstimmt wurde, der tatsächlich aus "ordnungspolitischen Bedenken" Opel pleite lassen gehen wollte. Die Banken rettet man alle, aber wenn sichtbar an einem Unternehmen, das (im Großen und Ganzen) unverschuldet von der Krise getroffen wurde (im Gegensatz zu besagten Banken), möchte man "aus Prinzip" nicht helfen. Unfassbar. Zum Vergleich: HRE 102 Milliarden, Opel 1,5 Milliarden. Hier verweise ich im Übrigen (mal wieder) auf die Nachdenkseiten.