Montag, 20. Juli 2009

Dour.

So. Das Dour Festival 2009 ist nun also vorbei. 4 Tage in Belgien mit viel Alkohol, wenig Schlaf, viel Musik und - überraschenderweise - wenig Regen.

Das Festival hat übrigens mitnichten 3x so viele Besucher wie das Southside, sondern die 144 000 bekommt man, wenn man die 4 Tage zusammen zählt. Also alles halb so wild. Es gab ja nur 200 Bands auf 6 Bühnen zu sehen.
Einige Hindernisse gab es dann doch. Z.B. war der Zeltplatz so langgezogen, dass man - als Spätkommer - geschätzte 2km zum Festivalgelände und 3km zum Auto laufen durfte. Mit eben diesen Strecken wurde dann nach der Ankunft auch der Donnerstag verbracht. Kühltruhen, Stühle, Tisch, Pavillon, Zelt etc. wollten zum Zeltplatz getragen werden und mit einigen Bierpausen bei strahlendem Sonnenschein konnte das auch bewerkstelligt werden.
Die danach völlig überraschenderweise einsetzende Müdigkeit (7 Uhr aufstehen, 5 Stunden Autofahrt, mehrere Kilometer vollgepackt mit Proviant und Gepäck übers Campinggelände, dazwischen viel Bier) machte sich bemerkbar und außer Santigold (immerhin abends um 0 Uhr) wurde nichts angeguckt. (Santigold war btw. großartig, aber manchmal fehlt es einfach an der gebührenden Aufnahmefähigkeit) Ich kenn jetzt einen Haufen ehemaliger Mitbewohner (zwei um genau zu sein [mehr habe ich auch nicht]), die die Krise bekommen, wenn ich erzähle, Isis und Meshuggah nicht gesehen zu haben... Aber hey, es war der erste Tag.

Der Freitag fing dann gleich viel besser an. Die guten Acts kamen erst am späten Abend und so blieb genug Zeit zum Gelände erkunden, Leute kennen lernen und äh... Alkohol konsumieren.
Das Dour ist ein Festival, bei dem irgendwie jede Art von Musik vertreten ist, von Thrash-Metal über Reggae, Folk und Punk bis hin zu Electro und Techno. Während man beim Southside dieses Jahr noch alles in allem 2 große Gruppen von Leuten ausmachen konnte (Eine große Gruppe Ärzte-Fans, die auf Festivals gehen, um, nunja, die Ärzte zu sehen, und dann die ganzen Menschen, die sich alternativ nennen, um dann zu den Chartshits von Kings Of Leon und Franz Ferdinand zu feiern [also u.a. ich]), war das Publikum beim Dour wohl ein schöner Querschnitt durch die belgische Jugend und dementsprechend gab es viele interessante Leute zu treffen.
Wir sind mehrfach unberechtigterweise für unser deutsches Billig-Penny-Plastik-Bier gelobt worden, dass mit dem tollen belgischen Jupiler überhaupt nicht mithalten konnte. Aber ein paar Vorurteile sind wohl überall in der Welt verbreitet: Die Erklärung, warum sämtliche Flamen/Niederländer aber kaum Wallonen/Franzosen Englisch sprechen, bekamen wir z.B. so geliefert: "They (also die Wallonen) are a bit nationalistic." Na wenn das so ist.
Jedenfalls ging es dann abends erst einmal zu Thunderheist, zwar zu spät, aber rechtzeitig um zum Überhit "Jerk It" eine große Party zu veranstalten.
Danach dann der erste Wunschact Trail Of Dead. Leider war die Setlist nicht besonders gut (zu viele neue Songs - das war beim letzten Mal nicht so) und welche unglaubliche Energie diese Band hat, ließ sich so wirklich nur bei "Will You Smile Again For Me" nachvollziehen. Da dann aber richtig. Wir haben übrigens weder Bilder noch Videos (Handy war nach einem Tag leergegurkt) gemacht und so kann ich zum Beleg für diese Urgewalt nur diesen Youtube-Schnipsel präsentieren. Hier trafen wir dann auch zum ersten (und einzigen) Mal zwei Deutsche (Metalheads), die wir auch prompt bei iLiKETRAiNS am Samstag wiedertrafen.
Auf der Wiese ließ sich dann gut die Zeit bis zu Animal Collective mit etwas Bier verbringen. Die zwei Holländerinnen, die wir da kennelernten, klärten uns dann auch auf, dass das Dour bekannt für seinen Drogenkonsum ist und dass Kiffen in den Niederlanden nicht so cool ist, weil es legal ist (großartige Begründung). Jedenfalls gab es tatsächlich mehrere Gruppen, die über den Zeltplatz zogen, um Gras zu verkaufen und auch besagte Niederländerinnen nahmen während Animal Collective die ganze Zeit irgendwelche Tropfen (die eine musste sich während des Konzerts mitten in der Menge danach auch erstmal hinsetzen).
Animal Collective war jedenfalls der Soundtrack zum Drogenkonsum. (Mal wieder ein viel zu schlechter und kurzer Youtube-Schnipsel zum Beleg) Die Meinungen über die Band gingen dann auch dementsprechend (?) auseinander. Und obwohl ich mich auf den Alkohol beschränkt habe, fand ich sie großartig. Vielleicht mit 1 1/2 Stunden etwas zu lang, aber die Atmosphäre war über die gesamte Spielzeit sehr gut und mit dem Wort "hypnotisch" wohl am besten auszudrücken.
Im Anschluss ging es dann ins Zelt zu Diplo, einem mir vorher unbekannten DJ, der aber ein famoses Set spielte und danach zu Digitalism, die allerdings mit Diplo überhaupt nicht mithalten konnten. Völlig übermüdet fielen wir dann um 4 Uhr ins Zelt und auch das aufkommende Gewitter wollte den Schlaf nicht mehr beeinträchtigen.

Großartigerweise begann der Samstag mit strahlendem Sonnenschein (der fast den ganzen Tag anhielt) und der starke Regen der Nacht machte sich nur in vereinzelten Pfützen bei den Waschstellen bemerkbar. Gegen nachmittag schauten wir uns dann iLiKETRAiNS an. Ich weiß gar nicht, ob ich schonmal angemerkt habe, dass ich diese Wall-Of-Sound-Gitarren unglaublich toll finde. Und so möchte ich auch niemandem diesen famosen Song vorenthalten: Terra Nova. Mit eben diesem begannen iLiKETRAiNS auch ihr Set und meine Befürchtung, die Band hätte bereits ihr Pulver verschossen bewahrheitete sich nicht. Eine tolle Noise-Einlage am Ende von "I Am Murdered" rundete das ganze dann ab.
Gaslight Anthem waren der erwartete musikalische Höhepunkt des Festivals (sorry, ihr andern wart aber auch gut). Nachdem ich sie bereits zwei Mal live gesehen hatte, habe ich mir endlich ihr Vorgängeralbum (Sink Or Swin) zum Album des Jahres 2008 (The 59 Sound) zugelegt und durfte mich dementsprechend freuen, dass sie meine beiden neuen Lieblingslieder "It Coul'da Been A Contender" und "I'da Called You Woody, Joe" spielten. Bis auf ein paar Ausnahmen war die Zuschauermenge anfangs etwas ignorant, was vielleicht auch daran lag, dass die besagte Englisch-Kenntnis nicht so wahnsinnig gut war (Brian Fallon: "How are you?" Menge: Schweigen). Gegen Ende änderte sich das selbstverständlich (also nicht die Englisch-Kenntnis, sondern die Ignoranz), denn niemand, der ernsthaft ein Interesse für Rockmusik oder eigentlich sogar Musik generell, kann sich dieser großartigen Band auf Dauer entziehen (sic!).
Nach Gaslight Anthem gingen wir dann erstmal zum Zeltplatz zurück, um Nahrung aufzunehmen und in der Sonne zu lesen und zu entspannen. Leider wurde das bis dahin wirklich tolle Wetter abends wieder schlechter und richtig kalt und nass und wir entschieden uns, erst zu den Pet Shop Boys zurück zum Festivalgelände zu gehen. Die Pet Shop Boys wussten zu mit einer fantastischen Bühnenshow zu überraschen. Lest doch einfach das hier, um einen Eindruck zu bekommen. Jedenfalls wurden die ganze Zeit weiße Würfel aufeinander gestapelt, auf die Videos projiziert wurden, und die dann später wieder umgeworfen wurden und naja, schwer zu beschreiben, ich versuche mal für die nächsten Tage ein schönes Live-Video bei Youtube zu finden, wo das alles gut zu sehen ist. Auch wenn die PSB nicht so wirklich unsere Musik sind, so machten doch zumindest die Hits (Always On My Mind, Love Etc.) sehr viel Spaß und "Go West" war ziemlich unpeinlich.
Wir gingen jedoch trotzdem ein bissjen früher und genau richtig um den riesigen Kindergeburtstag bei I'm From Barcelona zu erleben. Auch dafür habe ich noch keine guten Live-Videos gefunden. Aber so in etwa war es auch beim Dour. Nur mit noch mehr Luftballons und mehr hüpfenden und singenden Menschen. Stimmungsmäßig jedenfalls DAS Highlight. Am Ende gab es dann nochmal ein kollektives Ausrasten bei einer Justice-Coverversion und es war auch gar nicht so schlimm, dass wir viel zu müde waren, um noch irgendwo hinzugehen. Mehr Spaß konnte man gar nicht mehr haben. Wer auch immer die Chance hat, diese Band live zu sehen, sollte alles daran legen, es zu tun.

Am Sonntag entschieden wir uns, doch schon früher zu fahren. Schließlich wären die Crystal Castles wohl der einzige Act am Sonntagabend gewesen und eine 5-stündige Nachtfahrt war auch nicht unbedingt meine absolute Wunschvorstellung.
Zum Glück fing es dann wieder an zu regnen und der Abschied wurde uns erleichert.

2 Kommentare:

  1. kleiner hinweis:

    ..trail of dead haben vorzugsweise alten kram gespielt, hier die setlist:

    intro: the giants causeway (century of self; aktuelles album)
    the far pavilions (century..)
    it was there that i saw you (source tags and codes; 3. album)
    isis unveiled (century..)
    homage (source..)
    bells of creation (century..)
    will you smile again? (worlds apart; 4. album)
    caterwall (worlds..)
    another morning stoner (source..)
    clair de lune (madonna, 2. album)
    totally natural (madonna)

    also 4 neue von 11 songs...


    zudem fand ichs echt komisch, dass die menge überdurchschnittlich uneuphorisch war. nach ende der songs wurde kaum 10sec geklatscht und gejubelt, dann war stille im saal. zugabe wurde auch sogut wie nie gefordert - das war warscheinlich auch der grund, warum einige konzerte 10min zufrüh endeten. hängt natürlich auch damit zusammen, dass es 6 bühnen gab und die menge sofort zu nem anderen venue stürmte.

    positiv waren auf jeden fall die nichtvorhandenen wellenbrecher - das geht mir bei den deutschen festivals doch sehr auf die nerven, auch wenns natürlich bei großen menschenmassen notwenig ist.

    und isis waren wirklich ganz gut.

    andere nochnichterwähnte highlights und überraschungen:
    - 65days of static
    - the dodos
    - gojira
    - amenra
    - o'death
    - heideroosjes
    - live-karaoke bis morgens um 5
    - rolo tomassi
    und die show vom sänger der las wampas sollte nicht unerwähnt bleiben (siehe utube)

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  2. Ich fand die Setlist von Trail Of Dead gar nicht schlecht, I Was There.., Another Morning Stoner und Clair De Lune gehören auch zu meinen Lieblingssongs...
    Allerdings hast du Recht, der Funke ist nicht so richtig übergesprungen und genau deswegen hab ich Will You Smile Again so herausgehoben, weils da anders war.
    Und bzgl. der neuen Songs: Ich hab das neue Album noch nicht und kann nicht wirklich beurteilen, wie gut sie jetzt sind (live fand ichs lahm), aber mit 4 Songs waren es immerhin 4x so viele Songs vom aktuellen Album wie bei meinem letzten Livekonzert während der So Divided Tour.

    Und was die anderen Bands angeht:
    The Dodos nicht zu sehen war ärgerlich, 65daysofstatic find ich persönlich langweilig und den Rest kenne ich nicht :)

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