Mittwoch, 12. August 2009

Kampf.

Jede Woche darf man in einer beliebigen Zeitung lesen, dass der Wahlkampf JETZT aber doch wirklich begonnen habe. Dann haut der Steinmeier mal zwei Sätze raus, die harmlos sind, aber von irgendwelchen SPDlern hochgejazzt werden, weil es hat ja der Steinmeier gesagt und der Steinmeier ist ja sonst nicht so. Ich bin ja nun wirklich kein großer Freund von den sogenannten Schröderianern in meiner Partei, von wegen rechter Flügel und so. Allerdings bin ich jetzt auch nicht unbedingt der Meinung, dass diese Leute keine sozialdemokratische Politik mehr glaubhaft machen können, wenn sie doch für Hartz4, Deregulierung und Rente mit 67 und den ganzen andern Quatsch stehen. Ich persönlich kaufe Steinmeier und Steinbrück ab, aus den Fehlern gelernt zu haben, die zur Finanzkrise führten, und eine Rundumerneuerung der SPD ohne die prominenten Zugpferde würde die Partei wahrscheinlich auch nicht über die 30% katapultieren.
Mal davon abgesehen, finde ich die Grundidee, die dem Deutschland-Plan zugrunde liegt, toll. Mag sein, dass Vollbeschäftigung unrealistisch ist, aber hey, es ist ein ZIEL, kein Wahlversprechen. Und ein bissjen Idealismus schadet uns ganz sicher auch nicht. Jedenfalls lieber für Vollbeschäftigung kämpfen, als für Steuersenkungen, die genauso unrealistisch und zudem noch unsozial sind. Mal ganz davon abgesehen können Sachen von der SPD, die sogar die nachdenkseiten loben (naja, etwas verhalten, aber immerhin) einfach gar nicht schlecht sein. Und auch Steinbrücks Engagement gegen Steueroasen und -Hinterzieher finde ich glaubhaft, sonst hätte er sich wohl kaum so in die politische Schusslinie gestellt.
Jedenfalls hat diese Woche der Wahlkampf schon wieder begonnen (und diesmal aber wirklich), Angela Merkel ist nämlich aus dem Urlaub zurück. Eine solche Begründung ist natürlich ein bissjen abenteuerlich, denn kein Mensch hat gemerkt, dass sie im Urlaub war und sie hat dort in etwa genau soviele markante Aussagen getroffen wie sonst auch: Keine.
Ich kann mir vorstellen, dass es ziemlich eklig sein muss, Wahlkampf gegem eine Partei zu führen, die dabei partout nicht mitmacht. Es hat das ganze Jahr über politische Diskussionen gegeben, aber kaum ist Sommerpause und Ulla Schmidts Dienstwagen wird zu einem Skandal hochstilisiert. Diese ganze Medienkampagne (anders kann man das unsägliche Lamentieren über eine Nichtigkeit gar nicht nennen) ist gerade dann abscheulich, wenn man bedenkt, dass es bei einem CDU-Minister wahrscheinlich eine kleine Randnotiz geblieben wäre und höchstens in ein paar Blogs diskutiert worden wäre. Wenn z.B. der Althaus mal wieder Wahlkampf mit seinem Unfall macht, indem er sagt, dass doch bitte seine Gegner keinen Wahlkampf mit seinem Unfall machen sollen und dabei noch einige andere fragwürdige Selbsteinschätzungen abgibt, dann fehlt da die Bild-Zeitung, um den Skandal bekannt zu machen, denn die hat sich schon längst für Althaus einspannen lassen. Gestern hat CSU-MdB und rechtspolitischer Sprecher Norbert Geis einfach mal alle Schwulen pauschal im Morgenmagazin beleidigt und als "Fehlentwicklungen" bezeichnet und kein Medium springt drauf an. Hier liegen die echten Skandale. Warum kann man sowas nicht mal den Leuten unter die Nase halten? Aber vielleicht haben wir ja jetzt Glück und die Verfehlungen des beliebtesten Schmierlappens der Republik werden breit thematisiert. Guttenbergs Wirtschaftsministerium hat einfach mal eine externe Kanzlei einen Gesetzesentwurf ausarbeiten lassen und ihn sogar noch mit deren Briefkopf verschickt. Es ist ja nicht so, dass da ein ganzes Ministerium voller Juristen sitzt, nein, die können Steuergelder verschwenden, indem sie einfach andere dafür bezahlen, dass sie ihre Arbeit machen und Ulla Schmidt wird für ein paar Tausend Euro in der Presse zerrissen, für einen Sachverhalt, an dem es rechtlich wohl nichts zu beanstanden gab. Dass besagte Großkanzlei wohl auch noch fröhlich mitmischt im Spiel mit den Pleitebanken, ist jetzt auch nicht als besonders positiv zu vermerken. MdB Wolfgang Wieland:
“Eine Kanzlei zu beauftragen, die ansonsten mit maroden Banken ihr Geld verdient, ist ungefähr so, als ob man zum Trockenlegen des Sumpfes die Frösche beauftragt.”
Auch die Ausflüchte, die im Filterblog ("solange ein Parlament über den vom Ministerium oder eben einer X-beliebigigen Anwaltskanzlei verfassten Gesetzentwurf anschließend abstimmt, sollte es doch an sich für den Inhalt piepegal sein, wer ihn nun entworfen hat, oder?") genannt werden, lasse ich nicht gelten. Klar, das Parlament kontrolliert das ganze. Aber wir brauchen doch keine Ministerien, wenn diese ihre Arbeitsaufträge einfach an irgendwelche Kanzleien weitergeben. Das ist ziemliche Steuergeldverschwendung. Und außerdem soll doch bitte ein Ministerium eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber Unternehmen und Kanzleien wahren.
So.
Eigentlich wollte ich jetzt noch über ein paar Wahlkampfstilblüten schreiben, aber meine Leser haben hier eh schon aufgehört zu lesen und eigentlich sind es diese Possen gar nicht wert, erwähnt zu werden.
Naja. Erstens gibts diese wunderbar absurde Kampagne von Vera Lengsfeld. Und zweitens den tollen Schäuble-Plakate-Remix von netzpolitik.org, gegen den die CDU natürlich gleich mal klagen wollte.

Und ganz zum Schluss dieses tolle Video, das man sich zweimal ansehen muss, um es zu verstehen:

5 Kommentare:

  1. Bene, ich weise dich mal auf den heutigen FAZ Artikel hin (http://www.faz.net/s/RubEC1ACFE1EE274C81BCD3621EF555C83C/Doc~EC534790ECBD14C8E8C6FE027F2CB8319~ATpl~Ecommon~Scontent.html). "Das SPD-geführte Finanzministerium ist damit das Haus, das mit Abstand am meisten für Gutachterleistungen ausgibt."
    Also nicht alles so schwarz-weiß sehen :-)

    Ansonsten weiter so, auch wenn ich inhaltlich natürlich überhaupt nicht mit dir übereinstimme. Deutschland braucht mehr politisch Interessierte!

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  2. Also laut Spiegel hat ein Finanzministeriumsmensch gemeint, es handle sich um "Beratungskosten für Privatisierungsvorgänge" http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,642103,00.html
    Finde ich persönlich jetzt nicht soo viel besser (igitt, Privatisierung), aber zwischen Beratung von außerhalb und Gesetzesentwürfen von außerhalb besteht doch ein deutlicher Unterschied.

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  3. Die Zypries macht das ja auch mit den Auslagerungen für Gesetzesentwürfe:
    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,642938,00.html

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  4. Woher auch immer irgendjemand zu wissen meint, das "Pleitebanken" Kunden bei Linklaters sind. Veröffentlicht werden die Namen jedenfalls nicht - dürften sie auch gar nicht, fällt streng genommen unter die anwaltliche Schweigepflicht. Mit der Begründung bleiben ja auch Bilanzen von Anwaltskanzleien geheim - kommt den Partnern alles ganz gelegen, so haben sie Gründe für ihr Schweigen.

    Zudem ist es doch irgendwie eigentlich ganz gut wenn die Politiker Sachverstand einholen. Damit nicht jedes Gesetz von Lehrern und Beamten zusammengewürfelt wird. Wie gut, dass das auch (gerade ;-D ) SPD-Ministerien machen!

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  5. Ja gut, was die Zypries da veranstaltet hat, ist auch Mist, aber ich bleibe dabei, dass es beim Gesetz zur Finanzaufsicht doch um andere Dimensionen geht, als bei einem Gesetz über elektronische Handelsregister, mal ganz davon abgesehen, dass es da ja auch eher um "Zuarbeiten" ging, wenn ich das dem Text richtig entnehme.

    Ich habe auch kein Problem damit, wenn externer Sachverstand zu Rate gezogen wird (ich schreibe nicht zuletzt gerade eine Hausarbeit darüber :) Allerdings liegt der Unterschied, wie schon gesagt, in den Feinheiten.
    Ich hab ehrlich gesagt gar keine Ahnung, was Linklaters jetzt so macht und hab die Aussage vom Wieland einfach mal übernommen. Ich finde allerdings, dass wenn dieselbe Kanzlei ein Finanzinstitut und gleichzeitig den Staat "berät", der das Institut ja regulieren soll, dann kann ich mir da einige Interessenskonflikte vorstellen.

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