Montag, 28. September 2009

Deutschland rückt nach rechts.

Wir wussten, dass es schlecht kommt, aber es ist noch schlimmer gekommen.
Angela Merkels Verschleierungstaktik ist vollkommen aufgegangen. Zwar weiß niemand, was nach der Wahl passieren soll, aber die Wahlkampfvermeidung hat immerhin 27% der wahlberechtigten Bürger zuhause bleiben und somit das CDU-Ergebnis nicht allzu stark fallen lassen. Das heißt, dass die neue Regierung von nur knapp 35% der Bevölkerung gewählt worden ist.
Bei solch einer starken FDP kann mir auch niemand erzählen, dass es keine gravierenden Einschnitte ins Sozialsystem geben wird, anders werden die blödsinnigen Steuersenkungen nicht finanziert werden können. Schließlich wird die Entlastung einiger weniger, ohnehin schon besser Gestellter kaum ein höheres Wachstum mit sich ziehen können.
Es ist allerdings falsch zu denken, dass der erwartete soziale Kahlschlag der SPD jetzt automatisch wieder die Wähler in die Arme treiben wird. Ohne personellen wie inhaltlichen Umbruch wird auf der Partei immer die Last von Hartz4 und Rente mit 67 liegen. Warum Müntefering gestern nicht zurückgetreten ist, wird wohl sein eigenes kleines Geheimnis bleiben.
Dass Steinmeier sich für den Fraktionsvorsitz vorschlägt, war wohl zu erwarten, ist aber ungeschickt. Eine Rundumerneuerung mit Steinmeier an der Spitze ist nicht glaubwürdig, sodass er erstmal in die zweite Reihe zurückmüsste, auch wenn es nicht einfach wird, einen Alternativkandidaten zu finden. Gabriel? Ist Netzwerker und steht genauso für den Schröder-Kurs wie alle anderen, auch wenn er sich im Wahlkampf mE sehr gut verkauft hat. Nahles? Mit was hat sich die Frau eigentlich in den letzten Jahren profiliert, um noch als "einflussreiche Parteilinke" zu gelten? Wowereit? Muss erstmal seine Wahl in Berlin gewinnen, dann kann man weitersehen. Viel bleibt dann nicht mehr übrig. Wichtig ist es jedenfalls, den starken Einfluss der Parteirechten zu beleuchten und zu hinterfragen, welchen Schaden die innerliche Zerissenheit in der SPD angerichtet hat. Vier Eigenbrötler haben ein wahnsinnig gutes SPD-Ergebnis in Hessen 2008 ins Gegenteil umgekehrt und Parteitagsbeschlüsse ad absurdum geführt. In Hamburg hat Ilkhanipour durch den Putsch des Vorzeigelinken Niels Annen zum ersten Mal seit überhaupt den Bezirk Eimsbüttel für die SPD verloren. In Baden-Württemberg sind die Unistädte an die CDU gegangen, weil die Grünen nicht davon überzeugt werden konnten, die Überhangmandate zu verhindern, indem man die SPD-Kandidaten unterstützt. Das alles hat seinen Ursprung in der Eitelkeit von Ute Vogt, die es nicht geschafft hat, Cem Özdemir in Stuttgart I zu unterstützen und damit die Grünen in Mannheim, Tübingen und Heidelberg auf die eigene Seite zu ziehen. Zusammen hätte man einen Großteil der 10 Überhangmandate der CDU verhindern können und Ute Vogt hat mE fast schon Glück, dass das Wahlergebnis nicht knapper ausgefallen ist und sie nicht quasi alleine die Verantwortung für eine schwarz-gelbe Regierung hat.
Trotzdem müsste ihr Rücktritt selbstverständlich sein.
Selbst wahlzukämpfen hat zwar unglaublich viel Spaß gemacht, in der Konsequenz jedoch frustrierend. Wie oft mussten wir Hartz 4, den Afghanistan-Einsatz und die Ablehnung einer Koalition mit der Linkspartei erklären und dafür argumentieren, obwohl wir es doch selbst weder verstehen noch unterstützen. Das und die vermeidbare Niederlage beim Kampf um das Direktmandat haben die Enttäuschung des Wahlabends schnell in Trotz und Wut umschwenken lassen. An uns hat es jedenfalls nicht gelegen...

Pflicht ist übrigens dieser Artikel vom Spiegelfechter: Klack.

3 Kommentare:

  1. Wenigstens hat die SPD nun den "Vorteil", der der FDP jahrelang Wachstum beschert hat: Sie sind in der Opposition und müssen die unangenehmen Sachen nicht beschließen.

    Vor allem sollten sie sich jetzt mal einen Kanzlerkandidat suchen, der die richtigen Entscheidungen, die nunmal getroffen wurden, jetzt auch den Menschen verkaufen kann. Steinmeier ist meines Erachtens kein schlechter Politiker, aber er ist im Prinzip das genaue Gegenteil eines volksnahen Menschen, der zu begeistern versteht. Platzeck wäre vielleicht so einer, wird aber wohl im Bund keine Rolle mehr spielen, Gabriel könnte dahinkommen, Wowereit evtl. auch.

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  2. Das Ergebnis der Wahlbeteiligung als Argument dafür zu nutzen, dass die CDU nur geringe Wahlverluste eingefahren hat, ist ziemlich dürftig. Nichtwähler äußern ihren politischen Willen nicht. Nihtwähler sind keine SPD- und auch keine CDU-Wähler oder? Dass die Regierung von nur knapp 35% der Bevölkerung gewählt worden ist ist schade, allerdings liegt das an der so niedrigen Wahlbeteiligung. Trotzdem hat sie die Legitimation zum Regieren erhalten. Daran kann man nichts schlecht reden.
    Und das mit dem "sozialen Kahlschlag" wollen wir erst einmal abwarten. Die Arbeit einer Regierung sollte man schließlich nach ihrer Legislaturperiode bewerten. Die Mehrheit der deutschen Wähler hat ihr dafür ihr Vertrauen ausgesprochen.

    Und jetzt kann die SPD ja mal die Zeit zum Senieren nutzen :-)

    LG,
    Kamilla

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  3. @Kamilla: Die CDU hat ne Menge an absoluter Stimmenzahl (von 16,6 Mio nur noch 14,6, also 2 Millionen) verloren, das ist jetzt nicht soo wenig.
    Ich habe auch die Legitimation nicht in Frage gestellt, aber dass die SPD v.a. an die Nichtwähler verloren hat, ist ja kein Geheimnis.
    Problematisch sehe ich aber, dass der CDU-Wahlkampf durchaus dazu beigetragen hat, die Leute zu Hause zu halten. Man sagt wenig Konkretes, bietet somit kaum Angriffspunkte und erschwert den Wahlkampf der Gegenseite. Das mag Erfolg gehabt haben, halte ich aber demokratiepolitisch (gibt es das Wort?) für schädlich.
    Dass die wahren Probleme der SPD aber viel tiefer liegen, ist ja kein Geheimnis...

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