Mittwoch, 27. Mai 2009

Gebildet.

Alles beschwert sich über die Bildung. Jeder will sie verbessern. Überall wird verändert und dann kommt das bei rum, was wir jetzt hier haben. In BW schafft man eine Werkrealschule ein, die zwar gut gemeint ist, weil sie Bindeglied zwischen Haupt- und Realschule sein soll und Hauptschülern einen Realschulabschluss bzw. einen Besuch auf dem Gymnasium ermöglichen soll, de facto aber das Schulsystem fast vierstufig macht, weil vielen Hauptschulen die Kapazitäten fehlen, einfach mal so einen neuen Werkrealschulzweig einzuführen. Im Ergebnis heißt das, man möchte das Image der Hauptschule verbessern, indem man ihr einen neuen Namen gibt. Ja wirklich. Das sagen die Verantwortlichen sogar: Ziel des neuen Kurses sei es, "die Stigmatisierung der Hauptschule wegzubekommen", sagt die FDP-Schulpolitikerin Birgit Arnold. Ihr Fraktionschef Ulrich Noll ergänzt: "Wenn es ein Türschild gibt, für das aber keine entsprechende Empfehlung mehr gegeben wird, kann man das Schild auch abmontieren."
Dann gibt es hier Hauptschulen, Hauptschulen mit Werkrealschulzweig, Realschulen und Gymnasien.
Von Chancengleichheit kann da nicht mehr die Rede sein. Bei der CDU heißt das jetzt (bzw schon seit den 80er Jahren) Chancengerechtigkeit. Das hört sich erstmal ganz gut an und ist wohl auch nichts Schlimmes, untergräbt jedoch den Begriff der Chancengleichheit wunderbar. Indem man den Begriff ablehnt, sagen sie doch, dass man nicht allen Kindern die gleiche Chance auf Bildung ermöglichen will, oder? Wenn man das wollte, könnte das ja auch Chancengleichheit heißen. Dagegen hat das konservative Lager auch ein ganz besonders einleuchtendes Argument. "Gleichmacherei". Gerechtigkeit in den Chancen hat somit schonmal keine gleichen Bildungsmöglichkeiten zur Folge. Vielmehr wird auf das Vermögen der Eltern (was ja heutzutage auch "Leistung" genannt wird) abgestellt, nach welchen die Kinder sortiert werden. Es werden Chancen also nur noch "gerecht" verteilt und nicht für jeden zur Verfügung gestellt. Das hat dann weder mit Chancengleichheit noch mit Chancengerechtigkeit zu tun. Westerwelle hat dazu gesagt: „Wohin in der Gesellschaft einen der liebe Gott gestellt hat, dort soll man auch zufrieden sein.“ Und nein, dass Zitat ist nicht aus dem Zusammenhang gerissen (siehe Link). Niemand kommt mal auf die Idee, dass "Standortnachteile" vielleicht nicht gottgegeben sind, sondern Ergebnis von jahrelanger verfehlter Bildungspolitik (und wohl auch Integrationspolitik) sind. Dass Viertklässler ihre Empfehlungen für die weiterführende Schule auch im Blick auf die sozialen Verhältnisse bekommen, ist ja auch schon lange kein Geheimnis mehr (Ja ich weiß, ist nochmal der gleiche Link wie oben, aber jetzt ist vor allem der 6. Absatz wichtig). Man nimmt es also einfach so hin. Ein Kind mit einkommensschwachen Eltern ist dumm, weil die Eltern auch dumm sind. Wenn man dem Kind mal die Möglichkeit geben wollte, seine Talente z.B. auf einem Gymnasium zu zeigen (gegebenfalls mit ausreichender Betreuung durch die Schule, wenn dieselbe die Eltern nicht leisten können [bzw. "sich nicht leisten können i.S.v. Nachhilfe]), ist das ungerecht, weil das Gleichmacherei ist. Dabei verweisen CDU und FDP noch darauf, dass sie "Aufstiegschancen" beibehalten wollen. Müsste man nicht gerade dann die Schüler so lange wie möglich zusammen auf eine gemeinsame Schule schicken, wo dann tatsächliche Leistungen immer "vergleichbar" sein können. Wer die Lebenswirklichkeit kennt, weiß durchaus, dass fast jeder Gymnasiast und so gut wie kein Hauptschüler sein Abitur macht. Man wird also mit 11 Jahren bereits für den Rest seines Lebens sortiert (Im Fall Hauptschule mitunter "aussortiert").
Zur Chancengerechtigkeit verweise ich im Übrigen hierauf.
Wenn dann einmal ein (natürlich unzureichender) Versuch gewagt wird, das System zu verändern (erst nach der 6. Klasse wird sortiert und nur noch die Lehrer dürfen ), gehen wie jetzt in Hamburg allen Ernstes die Eltern auf die Straße, um ihre Kinder vor den Hauptschülern zu schützen.
Nach der Schule geht das gleiche Spiel dann bei den Universitäten weiter. Studenten sollen jetzt selber dafür zahlen, dass sie später mal der Gesellschaft als Akademiker zur Verfügung stehen sollen. Es wird also weiter sortiert. Mal ganz davon abgesehen, dass die Gebühren für allerlei Blödsinn ausgegeben werden, gibt es jetzt wohl ein Loch in den Haushälten von Universitäten in BW, wegen der Geschwisterregelung (die laut dem Rektor der Uni Heidelberg Herrn Eitel den Haushalt der Unis "torpediert"). Das ist interessant, weil die Studiengebühren ja eigentlich mal nur zusätzlich zu den Landesgeldern eingeführt wurden und eine Vermehrung der Gelder für die Universitäten und keine Umverteilung der Kosten von Bundesland auf Studenten mit sich bringen sollten.
Somit wird selbst das einzige Argument für Studiengebühren außer Kraft gesetzt. Bravo.

Nachtrag: Wie bestellt liefert SpON den Beleg für meine Ausführungen :)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen