Sonntag, 4. April 2010

Nachtragend.

So.
Jetzt habe ich mein Blog 2 1/2 Monate ruhen lassen und jetzt ist mir tatsächlich so langweilig, dass ich doch noch mal ein paar Sätze loswerden möchte...
Das erste Vierteljahr 2010 ist ja jetzt vorbei und weil in dieser Zeit so viele tolle Alben rausgekommen sind, wie sonst in 2 Jahren (oder ich einfach nur mehr Zeit hatte, Musik zu hören?), habe ich mal die Platten zusammengetragen, die für mich bisher hörenswert waren und sind. Manche Alben sind nicht aus diesem Jahr, das sind diejenigen aus 2009, die ich in der letzten Liste entweder vergessen oder noch nicht gehört hatte:

Tocotronic - Schall und Wahn
Das Vorgängeralbum von "Schall und Wahn", "Kapitulation", war vor 3 Jahren wohl das beste deutschsprachige Album aller Zeiten. Musikalisch, textlich überragend und dann noch ein ideologischer Überbau, ein Gegenkonzept zur Leistungsgesellschaft. Grandios. Davon haben sich Tocotronic bei "Schall und Wahn" gelöst, ohne aber an Qualität oder Aussagekraft zu verlieren. V.a. "Die Folter endet nie" und "Keine Meisterwerke mehr" sind textlich wie musikalisch auf allerhöchstem Niveau und überdecken die 1-2 Klamauk-Songs, die sich Tocotronic immer mal wieder leisten ("Bitte oszillieren Sie"...). Und gerade die sehr Instrumental-lastigen Stücke ("Eure Liebe tötet mich", "Schall und Wahn") zeigen, wie sich die Band in den letzten Jahren, hin zu einem musikalischen Wohlklang, entwickelt hat.

Built To Spill - There Is No Enemy
Built To Spill ist so eine Band, an der man nicht vorbekommt, wenn es irgendwo um die Einflüsse zeitgenössischer und relevanter Rockmusik geht. Nirgendwo sind die Gitarren so elegisch und träumerisch und irgendwie ist das neue Album noch elegischer und träumerischer geraten als die alten Klassiker. Deswegen ist es auch gar kein Zufall, dass der beste und schönste Song mit der schönsten Lalala-Stelle "Life's A Dream" heißt ("Life ain't nothin' [la la la la-aah] / But a dream"). Built To Spill schaffen es über stattliche 55 Minuten Albumlänge hinweg, eine zauberhafte Auf-der-Wiese-in-der-Sonne-Liegen-Stimmung zu erhalten und an diesen ersten warmen Tagen des Jahres ein ganz besonders charmanter Begleiter zu sein.

The Thermals - Now We Can See
Ich kann mir nicht erklären, wie die ersten 3 Alben von den Thermals an mir vorbeigehen konnten... Ich kann mir erst recht nicht erklären, warum das Vorgängeralbum "The Body, The Blood, The Machine" 3 Jahre (!) trotz Besitz unangetastet geblieben ist. Ein paar Wochen nach dem ersten Hören bin ich mir ziemlich sicher, dass die Thermals schon immer meine Lieblingsband gewesen sind und ich es nur nicht wusste. Mir hat es dieser wunderschöne ungestüme Krach einfach angetan und meine Last.fm-Statistik spricht glaube ich ziemlich für sich. "Now We Can See" ist deutlich schwächer als der Vorgänger, aber trotzdem gut genug, um so ziemlich alles, was "Rockmusik" in den letzten Jahren so verbrochen hat, in die Tasche zu stecken. Wie es sich diese Band leisten kann, diese tollen Melodien, diese Energie in 2-Minuten-Songs zu verpacken, ist unglaublich. Und ganz besonders unglaublich ist: I Called Out Your Name

Broken Bells - st.
Zuerst einmal soll hier gesagt werden, dass es eine Katastrophe ist, noch eine ganze Weile auf das nächste Shins-Album warten zu müssen. Dieser Zustand ist unentschuldbar, lieber James Mercer. Auch dann, wenn man mit Danger Mouse ein astreines Pop-Album vorlegt. Ein Pop-Album, das den typischen Mercer-Gesang mit Elektro-Gefrickel versüßt. Ein Pop-Album mit dem Popsong des Jahres - The High Road. Unentschuldbar.

Kashmir - Trespassers
Pünktlich zur Veröffentlichung des neuen Kashmir-Albums habe ich das Opus Magnum der Band, "Zitilites", endlich wirklich kennen und lieben gelernt, das so klingt, als hätten die frühen Radiohead mal irgendwann konventionelle Popsongs geschrieben. Ein paar Tage lang war ich ernsthaft traurig (oder erleichtert?), dass ich wohl nie einen Menschen treffen werde, der Melpomene heißt. Wahnsinnssong. "Trespassers" hat keinen solchen Song. Auch keiner, der an "Rocket Brothers" oder "The Push" heranreicht. Das ist ziemlich schade und ein bissjen enttäuschend, stört aber irgendwann gar nicht mehr so, weil auch kein Lied schwach ist und "Trespassers" im Gegensatz zu "Zitilites" keine aufmerksamkeitszehrende Überlänge hat. Und irgendwann merkt man dann auch, welch ein großartiger Song samt wunderbarem Video Kashmir mit "Still Boy" gelungen ist...

Girls - Album
Das Album mit dem dämlichsten Albumtitel der letzten Jahre von der Band mit dem dämlichsten Bandnamen der letzten Jahre ist ein überhaupt nicht dämliches Album mit ganz vielen schönen, traurigen, sehnsüchtigen Popsongs. Das klingt dann in etwa so, als würden die Kooks auf einmal anfangen gute Songs zu schreiben und Jarvis Cocker mitsingen lassen. Für "Laura" würden - um mal eine abgedroschene Plattenrezensionen-Phrase - eben diese Kooks wohl den ein oder anderen Mord begehen. So toll ist das. Jaja.

Spoon - Transference
Auf kein anderes der hier aufgezählten Alben habe ich mich so gefreut wie auf Transference. Die Vorgängeralben von Spoon hatten alle 2-3 Songs der Kategorie Lieblingssong für alle Lebensituationen (The Underdog, I Summon You, Chicago At Night [!]), Transference aber irgendwie nicht. Weil es diesen versponnenen Spoon-Charme hat, dass in 43 Minuten eigentlich nichts passiert, trotzdem aber immer wieder Melodien und Arrangements auftauchen, die dem Ganzen eine einfach wunderbare Stimmung verleiht, ist Transference trotzdem ein richtig gutes Album. Aber leider kein überragend gutes...
Anspieltipp: Written In Reverse

Mumford And Sons - Sigh No More
Irgendwann mit den Jahrespolls der Musikmagazine Ende des letzten Jahres hatte es mich dann auch noch erwischt. Mumford And Sons. Eine kleine Band mit schönen Melodien und Banjo und Kontrabass wurde auf einmal eine große Hypband. Ein paar Musiker, die überhaupt nicht nach Hypeband-Musikern aussah. Als die jeder schon ein paar Monate toll finden durfte, ist die CD dann auch bei mir eingetroffen (es lebe der Internet-Versand). Und weil ich mehrstimmigen Gesang, Banjos und Ahs und Ohs schon immer toll fand, finde ich die Platte: toll.
Anspieltipp: Little Lion Man

Beach House - Teen Dreams
Mein Album des Jahres (bis jetzt) kommt von einer Band, die ich bis zum Hören des fantastischen "Norway" dank diverser Blogs gar nicht kannte (also jedenfalls nicht über das den-Namen-schonmal-gehört hinausgehend. Nach ersten Gewöhnungsschwierigkeiten (da singt eine Frau???ßßß) hat sich dieses wunderbare Kleinod an Musik, bei dem sich Grizzly Bear und Nico (die Velvet Underground-Nico) treffen, bei mir so ins Ohr gesetzt, dass es nicht mehr rauskommt. Die Melodien, der Sound und die Atmosphäre sind schlicht und ergreifend mitreißend und jedes Nebenbei-Hören ist blasphemisch. Und so etwas Erhabenes wie "Zebra" hat man auch schon länger nicht mehr gehört - Perfekte musikalische Schönheit...

Massive Attack - Heligoland
Massive Attack sind wohl das größte Kaliber, das man beim diesjährigen Southside besichtigen werden darf und werden ein neues Album dabei haben, das für mich keinen Deut schlechter als die Großtaten von vor 19 (Blue Lines) bzw. 12 Jahren (Mezzanine) ist. Es ist überraschend, wie Massive Attack es schaffen, ein ganzes Album voller Songs zu packen, die sich strukturell ähnlich sind und sich doch ganz anders anhören, weil sie von ganz verschiedenen Leuten gesungen werden. Und so dürfen sich u.a. Tunde Adebimpe (TV On The Radio), Guy Garvey (Elbow) und Damon Albarn gesanglich am Massive Attack-Sound entlanghangeln. Und irgendwie wird doch ein Gesamtbild geschaffen, das irgendwo zwischen Wohlklang (Paradise Circus [Achtung, ähm, Porno... :D]) , Entspanntheit (Rush Minute) und Komplexität (Flat Of The Blade) hin- und herpendelt.

Vampire Weekend - Contra
Ich glaube nicht, dass irgendjemand daran gezweifelt hat, dass das zweite Vampire Weekend Album nicht an das Debut herankommen kann, oder? So viele perfekte und doch unverwechselbare Popsongs bekommt man nicht wieder zusammen. Und das ist gar nicht schlimm. Vampire Weekend haben bei "Contra" nicht sonderlich viel geändert. Sound passt. Melodien passen. Arrangements passen. Es fehlen halt die Über-Hits. Aber dank des hibbeligen "Cousins", des Gutes-Wetter-Songs "Holiday" und des sehr sehr guten Openers "Horchata" macht auch "Contra" wieder richtig Spaß. Und mehr ist ja auch gar nicht wichtig.

Julian Plenti - ...Is Skyscraper
Julian Plenti ist Paul Banks ist der Sänger von Interpol. Und eben dieser macht ein Soloalbum, wohl um mal etwas weniger gitarrenlastige Musik auszuprobieren und das gelingt ziemlich gut. "Only If You Run" und "No Chance Survival" sind erstklassige Popsongs und wenn Banks bei "Games For Day" irgendwie wieder zum Interpol-Sound zurückfindet, dann wird es sogar richtig grandios. Trotzdem stören irgendwie ein paar unfertige Songs, aber so kann man sich wenigstens auf ein neues Interpol-Album freuen, für das es jetzt auch wirklich wieder Zeit wird...

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